… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Überraschender Besuch

»Ich hoffe, Ihr konntet in der letzten Nacht auch so gut schlafen, wie unsere Freunde.«

Und nun heißt es wieder: »Spitzt Eure Ohren und macht es Euch gemütlich, denn wir wollen doch wissen, wie es weitergeht …«

Nach dieser Nacht, in der alle ganz besonders gut geschlafen hatten, war unser Balthasar wieder der Erste, der seinen Kopf zur Verandatür heraussteckte. Ohne die anderen zu wecken, bereitete er das Frühstück vor und deckte liebevoll den Tisch. Nach und nach schaute einer nach dem anderen kurz zur Tür heraus, grinste und nahm dann seinen Platz auf der Bank ein.

Zu guter Letzt stand Öseblöm in der Tür und lächelte.

»Lominaaade«, begrüßten  die fünf Burschen ihren neuen Freund und lachten herzhaft über Öseblöms verdutzten Gesichtsausdruck. Der stimmte fröhlich in das Lachen mit ein.

Balthasar rutschte ein wenig beiseite und deutete Öseblöm, doch neben ihm Platz zu nehmen. Herr Öseblöm verbeugte sich  wie ein Edelmann und setzte sich lachend neben dem Kleinsten der fünf Burschen.

»Ich bin sehr froh, dass Du da bist«, sagte Balthasar, und alle konnten fühlen, dass der Kleinste aus tiefstem Herzen gesprochen hatte. Die anderen Burschen nickten nur zustimmend.

»Ich möchte, dass Du für immer bei uns bleibst«, meldete sich nun Mallewutz zu Wort.

Öseblöm schaute etwas nachdenklich:  »Für immer?« fragte er. »Das ist aber eine seeehr lange Zeit, meinst Du nicht. Wenn ich darf, bleibe ich gerne für immer … in  Euren Herzen, und ich nehme auch mit großer Freude Eure Einladung an und bleibe für längere Zeit bei Euch zu Gast, denn nach meiner langen Reise, und den vielen Abenteuern, die ich erlebte, kann ich eine Rast schon gut gebrauchen.«

»Abenteuer« – das war das Stichwort!

Die fünf Burschen saßen wie elektrisiert auf ihren Plätzen. Der Überfall des Adlers, das war ihr erstes echtes Abenteuer, aber ansonsten lebten sie hier ungestört und in Frieden. Solange sie in ihrem Dorf blieben, kannten sie eigentlich keine Gefahren.

»Dann musst Du uns ab jetzt jeden Abend von Deinen Abenteuern erzählen«, schlug Kalle vor.

»Das mache ich doch gern«, antwortete Öseblöm in die Runde, und sah dabei die erwartungsfrohen Blicke seiner neuen Freunde.

Die Fünf waren so aufgeregt vor Freude, dass sie  nicht bemerkten, wie in großer Höhe ein mächtiger Adler seine Kreise zog. Unserem Öseblöm hingegen war der  Raubvogel bereits  aufgefallen,  als er die Veranda betrat.  Aber er wollte seine Freunde nicht beunruhigen, deshalb  sagte  er nichts, vorerst.

Der Adler zog schon seit geraumer Zeit mit seinen gewaltigen  Schwingen weit ausladende Kreise über dem Haus. Mit scharfen Augen beobachtete er jede Bewegung auf der Veranda. Dann, wie auf ein unsichtbares Signal, legte er seine Flügel an und stürzte  sich in die Tiefe.

Balthasar entdeckte ein leichtes Zucken bei Öseblöm, und folgte dessen Blick zum Himmel. Tief erschrocken erkannte er den riesigen Adler, der zum Angriff ansetzte. »Da«, stammelte er ganz aufgeregt und zeigte in den Himmel, »ein Ad Ad … .« »Ein was?«, fragte Malle. Jetzt schauten alle zum Himmel und sahen den riesigen Adler im Anflug.

Unsere fünf Burschen sprangen erschrocken auf. »Dein Bogen, Öseblöm, wo ist Dein Bogen?«, rief Mallewutz und rannte  aufgeregt ins Haus. Balthasar war starr vor Schreck und konnte sich überhaupt nicht mehr rühren. Alle schrien aufgeregt durcheinander und rannten hilflos hin und her. Nur Öseblöm blieb ganz ruhig sitzen und beobachtete den herannahenden riesigen Vogel.

Kalle versuchte einen klaren Kopf zu bewahren. Mit einem Satz sprang er  zum Fenstersims und griff nach einer alten Steinschleuder. In seiner Hosentasche hatte er immer ein paar kleine Steinchen parat. Es ging nun alles blitzartig schnell. Kalle stand direkt neben Öseblöm, als er mit seiner Steinschleuder auf den Adler zielte. Gerade wollte er den Adler erschießen, da berührte Öseblöm seinen Freund ganz sanft an der Hand. Im gleichen Augenblick beruhigte sich Kalle. Völlig ohne Angst ließ er seine Hand von Öseblöm führen. Der nahm ihm die Steinschleuder ab und legte sie auf den Tisch.

Der Adler hatte jetzt die Veranda erreicht! Mit einem Mal breitete er seine Flügel aus, um schließlich auf dem Verandazaun zu landen. Die Federn auf seinem Kopf waren ein wenig zerzaust von diesem unglaublichen Sturzflug.

»Hallo, Öseblöm«, begrüßte der Adler den Wanderer, »schön, dass ich Dich gefunden habe.«

Unsere fünf Burschen waren total überrascht. Noch nie hatten sie einen Adler sprechen hören.

»Darf ich vorstellen«, erklärte Öseblöm, »das ist meine Freundin Amira. Ihr könnt Euch jetzt übrigens wieder hinsetzen, sie ist nicht gefährlich.«

»Na, na, na«, knurrte die Adlerdame. Aber sie schien wirklich friedlich zu sein.

Ihr könnt Euch wohl denken, wie aufgeregt unsere fünf Burschen waren. Und tatsächlich hatten sie noch nie einen so mächtigen Raubvogel aus der Nähe gesehen. Mittlerweile stand Öseblöm neben Amira und kraulte sie freundschaftlich im Nacken. Die Adlerdame schloss dabei kurz ihre Augen. Und genau das dürft Ihr jetzt auch tun.

Denn für heute heißt es »Gute Nacht und schlaft recht schön.«

(Anmerkung für Mami, Papi, Oma oder Opa: bitte Kind(er) jetzt kraulen … )