… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Die Wanderstiefel

»Seid Ihr bereit für die nächste Geschichte?«

Dann macht es Euch wieder so richtig gemütlich in Eurem Bett. Ich hoffe, Ihr habt bei Euch alles schön aufgeräumt und Eure Schuhe ordentlich abgestellt? Nicht, dass Euch die einmal weglaufen. Lasst uns jetzt wieder zur gemütlichen Veranda gehen, denn der Abend war ja noch nicht vorüber.

Ja wo war denn nur der schöne Jägerhut? Öseblöm tastete suchend auf seinem Kopf herum. In der Tat, sein Hut war verschwunden.

»Oh je,« sagte er, »hab ich den etwa auch verloren?«

»Das wird bei unserer einigermaßen unsanften Landung in dem Wald passiert sein«, vermutete Amira. »Bestimmt liegt Dein Hut dort irgendwo zwischen den Bäumen und wartet auf Dich. Oder kann der etwa auch davonlaufen?«

Amira hielt nun alles für möglich. Die Burschen ebenso und selbst Don Carlos und Pepe hätten sofort geglaubt, dass Öseblöms Hut möglicherweise sogar fliegen könnte.

»Also ich finde, Du solltest Dir Deine Stiefel und Deinen Hut zurückholen«, schlug Don Carlos nun vor, dessen zwei Beulen an seinem Kopf noch immer zu wachsen schienen.

»Wolltest Du nicht noch einmal zurück, um mit dem Herrn des Waldes zu sprechen?«, erinnerte sich Amira an das seltsame Gespräch mit Karun.

»Vielleicht sollte Öseblöm sich zuerst um seine Stiefel kümmern«, meinte Don Carlos nachdenklich. »Die kann man doch nicht einfach frei herumlaufen lassen!«

Unsere fünf Burschen stimmten sofort zu. Sie brauchten nur an das Chaos denken, welches die Stiefel bei ihnen hinterlassen hatten. Nicht auszudenken, was die alles anstellen konnten.

Öseblöm dachte nach. Die Freunde hatten recht! Es war keine gute Idee, die Wanderstiefel sich selbst zu überlassen …

»Wo hast Du eigentlich diese Stiefel her?«, wollte Don Carlos wissen, dessen zwei Beulen nun in bunten Farben schillerten.

»Diese Stiefel sind ein Geschenk von einem guten Freund«, erklärte Öseblöm. »Sie haben mir gute Dienste geleistet auf meiner großen Wanderung.«

»Ja, die große Wanderung …«, sagte Amira mehr für sich selbst. Dabei schaute sie zum aufziehenden Sternenhimmel empor. Sie kannte ihren Freund gut.

»Vielleicht solltest Du die Stiefel besser Wunderstiefel nennen«, sagte Kalle, der noch immer mit einer Hand Pepes Nacken kraulte.

»Na ja, eigentlich heißen sie Dix und Dax«, erklärte Öseblöm. »Aber sie mögen diese Namen nicht besonders.«

»Warum hast Du ihnen keine anderen Namen gegeben?«, fragte jetzt Balthasar, der wiederum ganz liebevoll Don Carlos im Nacken kraulte.

»So nützlich diese Stiefel auch sind,« seufzte unser Wanderer, »zwei Dinge sollte man niemals tun. Erstens: Du darfst nicht mit den Stiefeln diskutieren. Und zweitens: Stelle sie nicht nebeneinander, wenn Du sie nicht trägst.«

»Und genau das hatte ich gemacht«, sagte Mallewutz und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.

»Ja,« sagte Öseblöm, »wir werden uns morgen auf die Suche machen. Don Carlos hat recht, man kann sie unmöglich allein herumlaufen lassen. Außerdem fehlt ihnen jede Richtung, weil keiner sie lenkt.«

»Heißt das, sie könnten noch in der Nähe sein, weil sie vielleicht im Kreis laufen?«, wollte Kalle  nun wissen.

»Das ist gut möglich«, erklärte Öseblöm. »Wenn ich sie trage, ist es ganz praktisch. Ich muss nur noch die Richtung bestimmen, den Rest übernehmen die Stiefel. Aber jetzt wissen sie ja gar nicht wohin …«

»Also mich würde jetzt interessieren, wie Du zu diesem wundersamen Geschenk gekommen bist«, warf nun Dralle in das Gespräch ein. Nahm sich einen Schluck feinster Limonade und blickte erwartungsvoll zu unserem kleinen Helden herüber.

Öseblöm schaute in die Runde. »Nun gut«, erklärte er sich bereit. »Es ist noch etwas Zeit, bevor wir zu Bett gehen. Dann werde ich Euch erzählen von Wurzelbruck und seinem Riesen.«

Alle hingen wie gebannt an Öseblöms Lippen, bis auf Amira. Sie kannte die Geschichte schon, hörte sie aber immer wieder gerne.

»Wurzelbruck ist ein kleines Dorf, etwa 50 Tagesreisen von hier«, so begann Öseblöm, wurde aber sofort von Balthasar unterbrochen: »Wurzelbruck ist aber ein eigenartiger Name.«

»Das fand ich anfangs auch«,  erläuterte Öseblöm geduldig. »Andererseits ist er sehr passend. Das Dorf liegt nämlich an einem kleinen Flusslauf. Auf der gegenüberliegenden Seite stehen ein paar riesige Bäume, deren Luftwurzeln so über den Flusslauf gewachsen sind, dass daraus im Laufe der Zeit eine kleine Brücke entstand. Eine Wurzelbrücke. Immer wenn die Anwohner eine neue Brücke wünschen, müssen sie nur einen neuen Baum pflanzen. Der Rest geschieht dann von ganz allein.«

»Das ist ja eine tolle Sache!«, rief Malle dazwischen und setzte gleich nach: »Wie lange dauert es dann, bis so eine Brücke fertig ist?«

»Ungefähr fünfzehn Jahre«, antwortete Öseblöm.

»Das finde ich aber ziemlich schnell, um eine Brücke zu bauen«, befand Dralle, dem die Idee mit den Baumwurzeln sehr gut gefiel. Von so etwas hört man eben nur, wenn man auf Reisen geht. Ihr liebe Kinder, dürft jetzt auch auf eine Reise gehen. Eine Reise ins Traumland.  Denn jetzt heißt es wieder …

 »Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«