… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Wandern will gelernt sein

»Ich hoffe, Ihr seid schon bettfertig und bereit?«

Dann können wir uns dem weiteren Verlauf der Geschichte widmen. Macht es Euch also wieder so richtig kuschelig. Schließt Eure Augen und gut aufgepasst, denn jetzt erfahrt Ihr, wie man mit Dix und Dax wandern  kann …

Unser Öseblöm konnte den Riesen nicht mehr hören. Er war viel zu sehr mit den Wanderstiefeln beschäftigt, die jetzt einen mächtigen Anlauf nahmen und mit einem Satz auf das Dach der Riesenhütte sprangen.

»Hahaha, haha«, der Riese von Wurzelbruck hatte seinen Spaß.

Öseblöm hingegen kam nicht einmal dazu, sich auf dem Dach auszuruhen. Dix und Dax trampelten auf der Stelle, wie ein Flamencotänzer. Dann sprangen sie wieder vom Dach herunter. Diesmal hatte Handan ein Einsehen und griff ein. Noch bevor Öseblöm den Boden erreichte, streckte der Riese seine mächtige Hand aus und fing unseren Öseblöm ein. Die Stiefel zappelten noch ein wenig, aber dann gaben sie Ruhe.

Handan setzte unseren Helden auf die Bank vor dem Tisch.

»Du musst zuerst lernen, mit ihnen umzugehen«, sagte er.

»Das glaube ich auch,« antwortete Öseblöm, »sonst scheint es mir besser zu sein, barfuß zu gehen.«

Handan lächelte unserem Freund zu: »Also, höre gut zu und vergiss dies niemals. Erstens: Du darfst niemals mit den Stiefeln diskutieren!«

»Die können auch sprechen?«, unterbrach Öseblöm den Riesen.

»Oh ja,«  antwortete Handan, »aber sie folgen nicht gern. Also lass Dich nicht auf eine Diskussion mit ihnen ein.«

»Und zweitens?«, wollte Öseblöm wissen.

»Stelle die Stiefel niemals neben einander, wenn Du sie nicht trägst!«

»Was passiert dann?«, wollte Öseblöm wissen.

»Na ja«, der Riese zuckte ein wenig mit seinen Schultern. »Dann passiert genau das gleiche, wie wenn jemand sie trägt, der nicht mit ihnen umzugehen weiß. Einen kleinen Vorgeschmack hast Du ja schon erleben können.«

»Und wie sage ich ihnen, wohin ich will, wenn ich nicht mit ihnen reden soll?«, fragte Öseblöm.

»Das ist eigentlich ganz einfach«, erklärte der Riese. »Du steuerst sie mit Deinen Füßen. Wenn Du Deine Füße nach außen spreizt, bleiben die Stiefel stehen. Stellst Du sie direkt gerade nebeneinander, so beginnen sie zu laufen. Danach musst Du mit Deinen Füßen nur noch die Richtung vorgeben, den Rest machen Dix und Dax. Solltest Du einmal in Not geraten, so werden die beiden dafür sorgen, dass niemand Dich einfangen kann. Du musst nur kurz ihre Namen rufen, aber als ein Wort: DixDax.«

Öseblöm hatte aufmerksam zugehört. »Und was mache ich, wenn ich zu Bett gehe? Ich kann sie ja schlecht anbehalten.«

»Dann stelle einen Stiefel ordentlich zu Deinen Sachen. Den zweiten Stiefel stellst Du immer verkehrt herum auf, möglichst in Deiner Nähe. Solltest Du sie aber einmal allein lassen, so verschließe das Zimmer.«

Öseblöm schaute auf die beiden Stiefel an seinen Füßen und lächelte. Sie waren bequem, keine Frage, und er fand sie sehr erstaunlich. Diese Stiefel könnten tatsächlich eine große Hilfe sein.

»Das ist ein großes Geschenk, mein Freund«, sagte Öseblöm schließlich.

»Du hast es verdient,« stellte Handan fest, »aber geh sorgsam damit um. Du wirst sie bei Deiner großen Suche gut gebrauchen können. Aber vielleicht solltest Du noch ein paar Versuche machen, bevor Du weiter ziehst.«

Öseblöm nickte, sprang von der Bank herunter und achtete darauf, seine Füße nach außen gespreizt zu halten. Nichts passierte  –  alles blieb ruhig. Dann bewegte er beide Füße langsam aufeinander zu …

Sofort setzten sich die Stiefel in Bewegung. Öseblöm spreizte wieder seine Füße auseinander. Stop, die Stiefel blieben stehen und warteten. Dix, der linke Stiefel, klackte ein-, zweimal mit der Stiefelspitze auf den Boden. Aber sonst bewegte er sich nicht.

Jetzt traute Öseblöm sich schon mehr zu machen. Wieder die Stiefel zusammen, und schon ging es los. Seine Schritte wurden größer und bald schon glitt er erneut in Windeseile den Hügel herunter und wieder herauf. Diesmal jedoch konnte er die Richtung bestimmen!

Das Herz unseres kleinen Helden pochte vor Freude, als er sich schließlich von Handan verabschiedete.

»Ich muss jetzt weiter, mein Freund«, sagte Öseblöm. »Ich habe noch eine weite Reise vor mir.«

»Ich weiß«, entgegnete der Riese von Wurzelbruck.

Unserem Öseblöm war etwas wehmütig zu mute, als er sich auf den Weg machte. – »Du kannst mich jederzeit besuchen«, sagte Handan zum Abschied. »Und falls Du einmal Hilfe brauchst, so weißt Du, wo Du mich finden kannst.«

Öseblöm verneigte sich tief vor seinem neuen Freund und wandte sich dann nach Süden. Die Sonne hatte noch nicht ihren Zenit erreicht. »Ach ja«, rief der Riese ihm noch hinterher. »Ich soll Dir noch etwas ausrichten …« – Unser Öseblöm blieb noch einmal stehen. »Von wem?«, fragte er. Handan lächelte geheimnisvoll. »Ich soll Dir ausrichten, dass Du im Zauberwald Hilfe finden wirst, bei Deiner großen Suche.« Danach drehte er sich um und verschwand in seinem Haus. Öseblöm aber machte sich auf den Weg.

Und Ihr liebe Kinder, macht Euch jetzt auf Euren Weg, ins Traumland, denn jetzt heißt es wieder …

 »Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«