… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Oh Schreck

»Nun liebe Kinder, hattet Ihr einen schönen Tag?«

Dann lasst uns den Tag mit einer schönen Geschichte ausklingen. Also, bitte wieder gut zudecken, schließt Eure Augen, damit Ihr auch besser »sehen« könnt, was sich auf der Veranda unserer Freunde zugetragen hat. Ach ja, die Ohren spitzen nicht vergessen  …

Da stand er nun vor dem Haus unserer Burschen. Der Riese aus Wurzelbruck. Balthasar musste in schwindelerregende Höhen blicken, um den Kopf des Riesen zu sehen, der das kleine Haus um einiges überragte.

»Öseblöm, mein Freund!«, rief Handan. Seine Stimme war so laut, dass sich alle ihre Ohren zuhalten mussten. »Hab ich Dich endlich gefunden.«

Unser Abenteurer gab seinem großen Freund ein Zeichen, etwas leiser zu sprechen. Dann sagte er: »Setz Dich zu uns, gleich hier, vor das Haus meiner Freunde.«

Handan nickte und setzte sich vorsichtig auf den Boden. Für ihn sah es so aus, als schaute er in ein Puppenhaus. Jetzt erst viel den anderen auf, dass Handan nicht allein war. Seine Freundin Lavida saß auf seinem Rücken und winkte freudig zur Begrüßung. Sie kletterte an dem Riesen herunter und trat auf die Veranda.

»Du bist ja noch viel schöner geworden, Lavida«, sagte Öseblöm und lud Kerims Tochter ein, auf der Veranda Platz zu nehmen. »Darf ich Euch meine Freunde vorstellen?«

Amira hingegen saß noch immer auf dem Verandazaun, trat aber von einem Fuß auf den anderen und hob immer wieder einen ihrer Flügel an. Sie fühlte sich unwohl bei einem solchen Geplänkel. Der Austausch von Höflichkeiten lag ihr nicht sehr. Sie war da, um zu helfen, nicht um zu schwatzen. Aber unser Öseblöm wusste sehr genau, was er da tat, schließlich spürte er, wie der kleinen Pimpinelle der Schreck in die Glieder gefahren war.

Die Tochter vom Bauern Rums stand dicht an die Hauswand gedrückt. Ihr Gesicht hatte jede Farbe verloren und sie zitterte am ganzen Leib.

Kalle, Malle und Dralle hatten sich schnell beruhigt, denn sie kannten Handan ja schon durch Öseblöms Erzählung. Nur dass sie ihn sich nicht sooo groß vorgestellt hätten. Mallewutz und Balthasar schluckten ein wenig, obgleich sie auch keine Angst hatten. Doch so ein Riese ist schon etwas, wenn man nicht nur davon erzählt, sondern ihn direkt vor der Haustür hat.

»Und was hast Du für eine Nachricht vernommen?«, fragte Öseblöm, der mit seiner ruhigen Art dafür sorgte, dass die große Aufregung sich vorerst legte.

»Oh, nicht nur Handan hat eine Nachricht erhalten«, lachte Lavida laut. »Unser ganzes Dorf geriet ziemlich durcheinander, denn jeder hat etwas anderes vernommen. Einer hörte beispielsweise, dass Öseblöm einen Wanderdieb gebissen und danach in einem Freudenberg versteckt hätte. Ein anderer wiederum meinte Öseblöm säße in einem riesigen Stiefel und würde eine Bergmelodie singen …«

Jetzt mussten alle lauthals lachen und auch die kleine Pimpinelle beruhigte sich ein wenig, aber das Zittern wollte einfach nicht aufhören.

Da ging unser Öseblöm spontan auf das kleine rothaarige Mädchen zu, fasste es an der Hand und führte es langsam von der Veranda herunter.

»Handan,« sagte er, »darf ich Dir die kleine Pimpinelle vorstellen. Das ist die Tochter vom Bauern Rums und sie bringt an jedem Wochenende die Milch für meine Freunde.«

Handan war zwar ein Riese, aber er war deshalb nicht unsensibel. Natürlich verspürte er die Angst, die dieses kleine Mädchen empfand. Nur allzu gut konnte er sich noch an die Angst der Dorfbewohner bei ihm daheim erinnern.

»Du brauchst wirklich keine Angst haben, Pimpinelle«, sprach nun der Riese mit sanfter und leiser Stimme. »Die Freunde von Öseblöm sind auch meine Freunde. Und ich bin hier um zu helfen. Wenn Du magst, setz Dich einfach zu mir auf meine Schulter. Von hier oben sieht alles nur halb so schlimm aus.«

Öseblöm gab Pimpi einen kleinen Stups. Dann kletterte sie an dem Riesen empor und machte es sich auf dessen linker Schulter gemütlich.

»Ich möchte auch gerne mal da oben sitzen«, sagte nun Balthasar.

»Dann komm«, lud Handan den kleinsten der Burschen ein. Der Riese von Wurzelbruck freute sich über jeden Menschen, der keine Angst vor ihm hatte.

Und so kam es, dass die beiden Kleinsten aus der Gruppe mit einem breiten Grinsen im Gesicht links und rechts auf der Schulter eines riesigen Riesen saßen, als ganz unerwartet der Bauer Rums ums Eck spazierte …

Der hatte nämlich ebenfalls das laute Getöse vernommen und war sofort voller Sorge losgelaufen, um seine Tochter zu retten. Aus dem Rennen wurde Laufen und schließlich musste der Bauer noch einen Gang zurückschalten, da ihm schon seine Lungen brannten. Aber er war wirklich außer sich vor Sorge.

Als er also um die Ecke des Hauses kam und seine Tochter auf den Schultern eines unglaublichen Ungetüms erblickte, bekam er vor lauter Schreck keine Luft mehr.

»Dada, Pim, Pim, DAAA …«, brachte der Bauer noch hervor. Dann stolperte er mit weit aufgerissenen Augen und stürzte vornüber zu Boden, mitten auf sein Gesicht – fast muss man sagen, denn der Riese von Wurzelbruck rettete ihn und fing ihn blitzartig auf. Vorsichtig setzte er Pimpis Vater auf den Stufen der Veranda ab. Bei dieser Aufregung hörte natürlich niemand,  wie es abermals ganz leise unter der Veranda ertönte: »Tik ***Tik *Tak«  …

Für Euch  liebe Kinder, ist es aber wieder Zeit,  ins Traumland zu reisen. Denn nun heißt es:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«