Vortreffliche Stiefel
»Nun liebe Kinder, ich hoffe Ihr seid wieder soweit?«
Dann lasst uns schauen, wie es weiter ging, nachdem sich Bauer Rums etwas beruhigt hatte. Also, wie jeden Abend, bitte gut zudecken, kuscheln, Augen zu und Ohren auf. Denn jetzt sind wir wieder auf der Veranda unserer fünf Burschen …
Tja, das war eine Aufregung unter den Freunden. Bauer Rums bekam immer noch keine Luft. Das Atmen fiel ihm schwer, sein Herz raste und er brauchte einfach noch ein wenig Zeit, um zu verstehen, dass er seinen eigenen Augen ruhig trauen konnte.
Seine Tochter Pimpinelle war augenblicklich am Riesen heruntergeklettert und stand nun neben ihm auf den Verandastufen. Sie machte sich große Sorgen um ihren Vater.
»Darf ich Dir meinen Freund vorstellen«, griff nun Öseblöm ein und berührte mit der Hand den Bauern seicht an dessen Schulter. Sofort beruhigte sich der groß gewachsene Mann ein wenig.
»Das ist Handan, der Riese aus Wurzelbruck. Er ist gekommen, um mir zu helfen.«
»Und ich bin Lavida, eine Freundin. Ich komme auch aus Wurzelbruck«, stellte sich Lavida höflich vor und reichte dem Bauern ihre Hand.
Handan verzichtete auf das Händeschütteln, weil es mit der Zeit immer schwieriger geworden war. Der Größenunterschied war einfach zu groß.
»Und ich bin Pimpinelle, Tochter des Bauern Rums und auch eine Freundin des Riesen, der hier zu Gast ist«, stellte sich Pimpi ihrem eigenen Vater vor. Dabei machte sie einen höflichen Knicks.
Jetzt mussten alle lachen, na ja, für den Bauern reichte es nur zu einem kleinen Lächeln. Der Schreck saß schon noch ein wenig in seinen Gliedern. Aber er wurde zusehends ruhiger und fand seine Sicherheit zurück. Er stand auf, ging auf Handan zu und stellte sich neben den Riesen, der noch immer am Boden saß und allen ein freundliches Lächeln schenkte.
Der Bauer legte seinen Kopf in den Nacken und blickte in die Höhe. Er konnte einfach nur staunen, über diese Größe. Noch nie zuvor hatte er von Riesen gehört, umso beeindruckender war für ihn diese Erscheinung.
»Die Freunde meiner Freunde, sind auch meine Freunde«“, sagte er dann, verneigte sich und hieß Handan willkommen. »Ich bin Rums, Bauer Rums, der Vater von Pimpinelle und Freund des Hauses.«
Nachdem sich die Lage etwas beruhigt hatte, trat die Neugier wieder in den Vordergrund.
»Wie konntet Ihr so schnell hier sein?«, fragte Mallewutz die Gäste. »Oder wart Ihr sowieso schon auf Reisen? Öseblöm erzählte, dass es 50 Tagesreisen bis Wurzelbruck sind.«
»Nachdem wir die seltsamen Nachrichten vernommen hatten,« erzählte Lavida, »dachten wir uns schon, dass Öseblöm Hilfe brauchen könnte. Also haben wir beschlossen, dass Handan und ich uns auf die Reise begeben. Handan ist bei seiner Größe einfach sehr viel schneller als wir …«
Balthasar dachte nach.
»Das will ich wohl glauben«, sagte er. »Aber auch wenn er schneller ist als wir, so sind 50 Tagesreisen doch eine Menge. Und Öseblöm sagte, dass er mit seinen Wanderstiefel so lange brauchen würde. Ohne solche Stiefel, würde es noch länger dauern.«
»Ganz genau«, mischte sich Malle jetzt ein. »Und die Wanderstiefel sind weg, einfach abgehauen. Die haben sich aus dem Staub gemacht, nachdem sie hier alles durcheinander gebracht haben.«
Jetzt lachte Handan laut, etwas zu laut. Daher mussten sich die anderen sofort wieder ihre Ohren schützen.
»Oh, entschuldigt bitte«, sagte Handan wieder leiser. »Das war es also, die Wanderstiefel sind fort.«
»Ja«, erklärte nun Öseblöm. »Mein Freund Mallewutz hatte aufgeräumt und die Stiefel haben das missverstanden, und nun sind sie fort. Wir hatten sie noch beim Bauern Rums getroffen, konnten sie aber nicht einfangen. Sie wollten unbedingt das Zwergenlied hören …«
Handan hatte verstanden.
»Dann ist es ja gut, dass ich gekommen bin«, erklärte er. »Ich glaube, ich kann Euch schon helfen, die Stiefel wieder einzufangen.«
»Zuerst müssen wir den Zwerg finden«, rief Malle. »Der muss uns zeigen, wie die Zwergenmelodie geht. Dann können wir das Lied den Stiefeln vorspielen und dann …«
»… müsst Ihr die Stiefel erst einmal finden, oder?«, sagte Handan, der schon eine Idee zu haben schien. »Liebster Freund«, begann er und wandte sich damit an unseren Öseblöm. »Ich habe Dir damals die Wanderstiefel geschenkt, weil sie für mich einfach zu klein geworden waren. Dix und Dax sind auch sehr nützlich und recht schnell, für jemanden Deiner Größe. Aber das sind natürlich keine richtigen Wanderstiefel …«
Jetzt schauten alle mit großer Verwunderung zum Riesen in die Höhe. Lavida hielt sich ihre Hand vor den Mund, um nicht laut los zu prusten.
»DAS hier sind WANDERSTIEFEL!«, sagte Handan nach einer kleinen Pause und zeigte auf seine großen, braunen, in der Sonne blinkenden Stiefel, die passgenau an seinen Füßen saßen. »Mit diesen Stiefeln kann ich praktisch übers Land fliegen, wenn ich es brauche. Deshalb konnte ich auch so schnell sein.«
Alle Augen richteten sich auf Handans Stiefel. Und wieder hörte niemand das leise Geräusch unter der Veranda: »Tik ***Tik *Tak« – Das heißt, fast niemand. Öseblöm und Handan wussten es bereits und grinsten. Denn das leise »Tik ***Tik *Tak« wurde lauter und lauter und wandelte sich in kurzer Zeit zum Trommelfeuer eines Flamenco-Tänzers …
Für Euch liebe Kinder, ist es jetzt aber wieder Zeit, ins Traumland zu reisen. Denn nun heißt es:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«