… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 120

Hoher Besuch

»Ich hoffe, Ihr konntet letzte Nacht gut schlafen!«

Dann können wir uns ja gleich an die nächste Geschichte machen. Aber zuvor müsst Ihr bitte wieder ins Bett, denn das ist der Ort, an dem Gutenachtgeschichten erzählt werden. Also, jetzt die Augen schließen und die Ohren ganz weit aufmachen. Gebt gut acht, dann könnt Ihr die lange Lichterkette schon sehen, die sich langsam in Richtung Dorf bewegte.

Dralle schlief tief und fest. Herr Öseblöm trug ihn wie ein kleines Baby auf dem Arm. Natürlich war Dralle ein ziemlich großes Baby, aber das machte unserem Wanderer nichts aus. Die Dorfbewohner leuchteten mit Ihren Fackeln und bildeten eine große breite Lichtergasse bis zum Dorf.

Öseblöm schritt voran, gefolgt von Kalle und Malle, dahinter Mallewutz, Balthasar und Kreszenz. Der Sohn des Bürgermeisters hielt immer noch Balthasars Hand. Das kleine Eichhörnchen aber rannte aufgeregt hin und her, zuerst neben Öseblöm, dann zurück zu den Jungs und wieder nach vorne.

»Und was ist mit uns?«, fragte Amira. »Wir können nicht in der Nacht fliegen und eine Fackel nutzt uns herzlich wenig.«

Zwar freute sich die Adlerdame, dass der junge Dralle endlich gefunden war, aber die Dunkelheit behagte ihr nicht.

»Mach Dir nichts draus«, sagte Don Carlos. »Ich fliege auch nicht in der Nacht. Dann bleiben wir halt hier.«

»Am Boden?«, fragte Amira voller Entsetzen. Ihre Kopffedern richteten sich steil nach oben auf, wie bei einem Kakadu. Das allerdings bemerkte niemand in der Dunkelheit.

»Wenn Ihr es erlaubt, nehme ich Euch auf meiner Schulter mit«, schlug Handan vor. »Mir nutzen die Fackeln schon. Ihr müsst nur ein wenig Acht geben, mit Euren scharfen Krallen.«

Und so kam es, dass unsere Gefährten alle heil nach Hause zurückkehrten, bevor der Tag gänzlich zu Ende ging. Was bei all der Aufregung aber niemand bemerkte, war ein kleines Glühwürmchen, das eine Zeit lang unserem Wanderer vor der Nase herumtanzte.

Kaum dass Lavida die ersten Lichter kommen sah, sprang sie von der Veranda auf und rannte ihnen aufgeregt entgegen.

»Habt Ihr Dralle gefunden?«, rief sie.

»Psst«, sagte Öseblöm. »Dralle schläft, und wir wollen ihn schlafen lassen.«

Lavida strahlte vor Freude. »Das ist endlich eine gute Nachricht.«

»Lasst uns gleich zu Bett gehen«, schlug Öseblöm vor. »Es war ein langer Tag.«

Kreszenz und sein Vater verabschiedeten sich herzlich und die Dorfbewohner kehrten in ihre Häuser zurück.

»Darf ich morgen zu Besuch kommen?«, fragte Kreszenz junior.

»Du bist uns willkommen«, antwortete Öseblöm. »Außerdem hast Du ja noch etwas mit Dralle zu klären, nicht wahr?«

Kreszenz nickte nur und folgte dann seinem Vater. In dieser Nacht fanden alle im Dorf einen tiefen und erholsamen Schlaf.

* * *

»Tok Tok Tok“. „Tok Tok Tok.« Das gleichmäßige wohlbekannte Klopfen an der Wand weckte den kleinen Balthasar. Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten den Burschen in seiner Nase und erinnerten ihn daran, dass es Zeit war für das Frühstück.

Balthasar war jedoch nicht der Erste, als er einen verschlafenen Blick auf die Veranda warf. Die Freundin Lavida hatte längst den Tisch gedeckt und das Frühstück bereitet. Sie saß in dem gemütlichen Schaukelstuhl und trank eine Tasse Tee.

»Guten Morgen«, sagte sie, als Balthasar seinen Kopf zur Tür herausstreckte.

»Ist das Frühstück etwa schon fertig?«, fragte er verwundert.

»Aber ja doch«, antwortete Lavida. »Schließlich müsst Ihr gleich in die Schule.«

»Oh nein!«, rief Balthasar. »Nicht in die Schule, nicht heute. Das darf doch nicht wahr sein.«

»Oh doch, mein Freund.«

Balthasar fuhr herum. Hinter ihm stand Öseblöm und grinste.

»Dralle wird sicher heute daheimbleiben, aber alle anderen sollten ihren Arbeiten nachgehen. Und für Euch ist das die Schule. Aber Ihr seid ja gegen Mittag schon wieder da. Du wirst sehen, wie schnell die Zeit vergeht.«

Lavida wusste, wie langsam die Zeit vergehen konnte, aber sie sagte nichts und lächelte nur. Nach und nach tauchten jetzt die anderen auf der Veranda auf.

»Ist Dralle schon wach?«, fragte Mallewutz.

»Nein, der schläft noch«, antwortete Öseblöm. »Und ich denke, wir sollten ihn schlafen lassen.« – »Das denke ich auch«, sagte Kalle, der gerade seinen Kopf zur Tür herausstreckte. Allen war etwas feierlich zumute, obwohl keiner so genau sagen konnte warum. Es war mehr als nur die Freude darüber, Dralle endlich wieder daheim zu wissen. – »Was ist los mit Dir?«, fragte Lavida unseren Herrn Öseblöm. »Du wirkst so nachdenklich.« – »Wir bekommen heute Besuch«, antwortete Öseblöm und lächelte. »Hohen Besuch.« – »Ich weiß«, sagte Balthasar. »Kreszenz wird heute vorbeikommen.« – »Der auch«, lächelte Öseblöm. »Aber ich meine wirklich hohen Besuch. Dalin wird heute kommen.«

Doch auf Euch liebe Kinder wartet jetzt das Traumland … Darum heißt es nun:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«