… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 128

Öseblömhausen

»Ich hoffe doch, Ihr seid soweit? Die nächste Geschichte steht bereit.«

Dann solltet Ihr nun ganz schnell in Euer Bett hüpfen und es Euch wieder so richtig gemütlich machen. Alles startklar? Also bitte ganz fest die Augen schließen, danach sofort die Ohren ganz weit öffnen und sobald alles still ist, reisen wir erneut zur Veranda des Burschenhauses …

»Dann gehen wir halt zur Schule«, murrte Balthasar und fügte sich.

»Und was ist mit mir?«, fragte Kreszenz.

»Na, Du gehst selbstverständlich auch zur Schule«, sagte Öseblöm.

»Nein, das meine ich nicht«, erklärte der Sohn des Bürgermeisters. »Ich denke, ich meine, ich wollte eigentlich wissen …«, druckste Kreszenz herum und fand einfach nicht die richtigen Worte.

»Du darfst natürlich wieder kommen«, sagte Balthasar, der sofort verstanden hatte.

Sein neuer Freund war sich noch nicht so sicher, ob er wirklich dabei sein durfte, wenn Öseblöm erzählt. Vinidi Öseblöm schien auch noch einen Moment zu überlegen und schaute mit seinen dunklen unergründlichen Augen dem Sohn des Bürgermeisters tief ins Herz. Dieser forschende Blick war dem jungen Kreszenz sichtlich unangenehm, aber auch er fasste mehr und mehr Vertrauen zu all diesen fremden Wesen, die er mittlerweile kennengelernt hatte.

»Ja«, sagte Öseblöm. »Auch Du bist herzlich willkommen hier im Haus meiner Freunde. Aber …, Du solltest unbedingt Deinen Eltern Bescheid sagen. Ich will nicht, dass sie sich unnötig Sorgen machen.«

»Versprochen!«, rief Kreszenz.

Es war das erste Mal, dass er mit Freude in die Schule ging. Zusammen mit Mallewutz und Balthasar machten sie sich auf den Weg.

»Ich glaube nicht, dass wir mittags schon zurück sind“« meinte Kalle und dachte daran, dass ganz schön viel Arbeit liegen geblieben war und jetzt auf sie wartete.

»Das macht nichts«, entgegnete Öseblöm. »Wir werden sicher nicht ohne Euch anfangen.«

So leerte sich das Burschenhaus bis letztlich Dalin und Öseblöm allein auf der Veranda zurückblieben. Die Sonne hatte mittlerweile an Kraft gewonnen und schenkte allen ihre Wärme, ob Stuhl, ob Tisch, ob Mensch, ob Tier, die Sonne machte keinen Unterschied.

»Danke«, sagte der Zwerg und unterbrach ganz unvermittelt die friedliche Stille.

»Gerne, … mein Freund«, antwortete der Wanderer und lächelte. Öseblöm hoffte auf Antworten, aber er wagte es nicht zu fragen.

»Das ist also Dein neues zuhause?«, fragte Dalin und deutete mit einer Geste auf das Burschenhaus und die Veranda.

Öseblöm nickte nur. Er wusste, dass Dalin, neben den Lichtwesen im hohen Berg, zu den ältesten Wesen im Land zählte, und er hatte oft von der Weisheit des Zwerges gehört. Doch jetzt, wo er ihm endlich allein gegenübersaß, wollte ihm einfach kein Wort über die Lippen.

»Lass uns aufräumen«, schlug Dalin vor. »Aber verzeih‘ mir, wenn ich noch nicht so schnell bin. Ich fühle mich noch etwas schwach.«

Öseblöm schüttelte den Kopf.

»Ruh Dich erst einmal aus«, sagte er. »Die Sonne wird Dir gut tun.«

Und so verstrich die Zeit auch auf der Veranda. Gegen Mittag stürmten Mallewutz und Balthasar das Haus, etwas später folgte Kreszenz, der zuvor ganz aufgeregt seinen Eltern nur kurz Bescheid gegeben hatte.

Gegen Abend schließlich kamen auch Kalle, Malle und Dralle von ihrer Arbeit auf dem Feld zurück. Dralle hatte die Arbeit sichtlich gut getan. Und so versammelten sich die Freunde auf der gemütlichen Veranda zum Abendessen, gespannt und bereit für Öseblöms Erzählungen.

»Also …, wo fange ich nur an?«, fragte Öseblöm.

»Woher kommst Du?«, fragte Balthasar.

Öseblöm grinste und deutete auf den Weg, über den er zum ersten Mal das Burschenhaus erreichte. Alle Burschen brachen in lautes Gelächter aus. Nur Kreszenz hatte ein Fragezeichen auf seiner Stirn.

»Du weißt, was ich meine«, wiederholte Balthasar seine Frage.

»Aber ich hatte es auch schon gesagt“, antwortete Öseblöm. „Eigentlich sage ich es jedem, wenn ich mich vorstelle. Ich komme aus Öseblömhausen.«

»Das ist also ein Ort«, stellte Mallewutz fest. »Ein Dorf, wie unser Dorf hier?«

»Mittlerweile ist es sogar größer, ja«, antwortete Öseblöm.

»Wo liegt es und wie weit ist es von hier entfernt?«, fragte Kalle.

»Es liegt weit im Norden, in der Nähe des großen Wassers. Und wie weit es von hier ist, kann ich nur schätzen. Bis Wurzelbruck sind es ungefähr fünfzig Tagesreisen …, mit Wanderstiefeln versteht sich. Und von dort …, vermute ich, braucht man noch einmal fünfzig Tagesreisen mit Wanderstiefeln. Nur hatte ich meine Wanderstiefel ja erst in Wurzelbruck bekommen …«

»Dann bist Du also schon ziemlich lange unterwegs«, sagte der kleine Balthasar. Öseblöm nickte nur und fuhr fort: »Öseblömhausen war ursprünglich nur ein einziges kleines Haus, eigentlich mehr eine kleine Hütte. Sie lag direkt an der Biegung eines kleinen Flusses. Mein Ururgroßvater hatte sie gebaut. Kesra Öseblöm. Er nannte die Hütte »Haus von Öseblöm« oder auch »Öseblömhaus« …«

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es nun:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«