… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 133

Gefährliche Höhe

»Seid Ihr soweit? Die nächste Geschichte steht bereit!«

Dann solltet Ihr jetzt wieder ganz schnell in Euer Bett krabbeln. Macht es Euch richtig gemütlich unter Eurer Decke. Jetzt schließt bitte die Augen und hört gut zu, denn wir begeben uns wieder auf die gemütliche Veranda unserer fünf Burschen und ihrer Freunde …

Der Tisch war bereits gedeckt, als Öseblöm von seinen geheimnisvollen Ausflügen zurückkehrte. Gerade rechtzeitig, um noch den Sonnenuntergang zu genießen. Balthasar hatte bereits ein paar Kerzen entzündet, sodass es ein gemütlicher Abend werden konnte.

»Wartet auf mich!«, rief Kreszenz, der auch gerade erst eintraf. »Habt Ihr schon angefangen?«

»Nein, nein«, antwortete Kalle und lächelte. »Setz Dich zu uns, wir fangen schon nicht ohne Dich an.«

Dalin, der Zwerg, saß in seinem Schaukelstuhl und schloss seine Augen, um besser zuhören zu können.

»Woher wusstest Du, dass es das richtige Nest war?«, fragte Mallewutz.

»Na, hätte sonst das Baby immer danke, danke, danke gerufen?«, warf Balthasar ein.

Öseblöm lachte.

»Stimmt«, sagte er. »Das Baby hatte sein Nest tatsächlich wiedererkannt. Aber trotzdem ist die Frage berechtigt. Ich wusste auch ohne Adlerbaby, dass es sich um ein Adlernest handelte.«

»Wie konntest Du das wissen?«, fragte jetzt Balthasar verblüfft. »Sieht nicht ein Nest wie das andere aus?«

»Ja natürlich«, antwortete Öseblöm. »Genau wie Ihr fünf Burschen alle gleich ausseht und alle Häuser hier im Dorf und alle Bäume und …«

»Schon gut, schon gut«, bemerkte nun Kalle. »Ich glaube, wir haben verstanden.«

»Ich nicht!«, beharrte Balthasar auf seine Frage. »Wir sehen doch gar nicht gleich aus und unsere Häuser sind auch alle sehr verschieden!«

»Was Öseblöm wohl sagen wollte«, erklärte Kalle. »Alles ist sehr verschieden voneinander. Aber es liegt an uns, ob wir das auch erkennen.«

»Und warum sagt er das dann nicht auch so«, murrte Balthasar.

»Das mit dem Adlerbaby klingt aber überhaupt nicht nach Abenteuer«, mischte sich nun Kreszenz ein und lenkte das Gespräch wieder auf die eigentliche Erzählung.

»Na ja, der Baum war ziemlich hoch«, erklärte Öseblöm. »Und wer nicht schwindelfrei ist, hat da oben ganz schöne Probleme.«

»Aber Du bist doch schwindelfrei, oder etwa nicht?«, fragte Malle.

»Das schon«, antwortete Öseblöm. »Allerdings kann ich nicht fliegen.«

»Wie meinst Du das?«, wollte Balthasar wissen. »Wir können alle nicht fliegen.«

»Diese Fähigkeit hätte ich aber gut gebrauchen können, denn es zeigte sich sehr schnell, dass ich mich in gefährlicher Höhe befand.«

Jetzt unterbrach niemand mehr unseren Wanderer. Wie gebannt folgten sie seinem abenteuerlichen Bericht.

»Gerade noch freute ich mich mit dem kleinen Baby, dass es wieder sicher in seinem Nest zurück war, als ein riesiger Schatten von hinten herangeschossen kam. Ich war einfach nicht schnell genug, denn das Baby lenkte mich ab. Es hoppelte freudig auf mich zu und strahlte. Aber es strahlte nicht mich an. Zu spät erkannte ich, was passierte. Ein stechender Schmerz in meinen Schultern ließ mich laut aufschreien. Und das Adlerbaby schien sich auch noch zu freuen. Es rief immer nur … „Mami, Mami, da bist Du ja!“. Die scharfen Krallen der Adler-Mama hatten sich in meine Schultern gebohrt und mit einem kräftigen Ruck stieß sie mich aus dem Nest …«

»Und dann?«, stieß Balthasar hervor, dem allein vom Zuhören der Atem stockte.

»Dann stürzte ich in die Tiefe«, fuhr Öseblöm fort. »Zu meinem großen Glück konnte ich noch das Seil ergreifen und mich daran festhalten. Aber die Adlerdame gab keine Ruhe. Wie ein wütender Blitz kam sie angeschossen, packte mich und riss mich wieder in die Höhe. Dann warf sie mich über dem Nest ab, wo ich direkt neben dem Baby zu liegen kam. Das kleine Baby jammerte und schrie vor Angst, die riesige Adlerdame aber hackte mit ihrem scharfen Schnabel nach mir. Immer wieder drehte ich mich von einer Seite zur anderen und versuchte den Angriffen auszuweichen. Je lauter das Adlerbaby schrie, desto heftiger wurden die Angriffe seiner Mama.«

Mit offenen Mündern lauschten die Freunde diesem Abenteuerbericht. Nur Dalin saß entspannt in seinem Schaukelstuhl und lächelte.

»Ich musste mir etwas einfallen lassen,« erzählte Öseblöm weiter, »und zwar ziemlich schnell. Noch während ich einer weiteren Attacke der Adler-Mama auswich, kam mir eine Idee. Ich sprang zu dem Adlerbaby und hielt ihm den Schnabel zu. So fand das unerträgliche Geschrei zumindest für einen Moment ein Ende. Jetzt zögerte die Adlerdame. Diesen Augenblick musste ich nutzen.«

»„Aber wie?«, fragte Balthasar, der es einfach nicht mehr aushielt. – »Hätte das Adlerbaby nicht alles erklären können?«, fragte Dralle. »Schließlich hast Du doch nur das Baby gerettet.« – »Das wusste aber die Adler-Mama nicht. Sie sah nur einen Fremden in ihrem Nest und hörte ihr Baby schreien. Da überlegt man nicht sehr lange«, erklärte Öseblöm und zeigte Verständnis für das Verhalten des mächtigen Greifvogels. – »Wäre Amira in der Nähe gewesen«, meinte Kalle. »Die hätte Dir sicher helfen können.« – »Das stimmt«, ergänzte Balthasar. »Amira hat vor niemandem Angst und sie ist auch eine mächtige Adlerdame!« – »Amira war ja in der Nähe«, lächelte Öseblöm. »Sogar ziemlich nah. Die mächtige Adler-Mama war … Amira!«

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt wieder an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es nun:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«