… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 134

Die Freundin Amira

»Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag!«

Dann lasst uns den Tag jetzt mit einer schönen Gutenachtgeschichte beschließen. Ihr wisst ja, Gutenachtgeschichten hört man am besten in einem kuscheligen Bett. Also aufgepasst, schließt wieder Eure Augen und spitzt Eure Ohren, damit wir gemeinsam mit den Burschen den Erzählungen unserer außergewöhnlichen Herrn Öseblöm lauschen können …

»Amira hat Dich so furchtbar angegriffen?«, fragte Kalle und schien entsetzt.

Der kleine Balthasar stand auf, um frische Kerzen zu holen, denn die ersten Sterne funkelten bereits am dunkelblauen Abendhimmel.

»Wenn Amira MICH so angegriffen hätte, wäre ich niemals nie nicht mit ihr befreundet!«, sagte er mit fest entschlossener Stimme. »Das könnt ihr mir aber glauben.«

Der Kleine war richtig böse auf die Adlerdame.

»Und was ist mit mir?«, fragte Kreszenz etwas nachdenklich. »Dann sind wir jetzt doch keine richtigen Freunde.«

»Bei Dir ist das etwas anderes«, sagte Balthasar und verschwand kurz ins Haus.

»Wieso ist das bei mir etwas anderes?«, wollte Kreszenz wissen. »Ich habe ihn doch auch angegriffen, ich meine, es tut mir ja wirklich schrecklich leid, aber ich kann es doch nicht ungeschehen machen.«

»Du hast ja nicht versucht ihn umzubringen«, erklärte Kalle, der plötzlich nicht mehr ganz so große Begeisterung für die mächtige Adlerdame empfand.

»Genau«, stimmte Balthasar zu. Er stand gerade in der Verandatür und hatte Kalles Erklärung gehört. »Es ist etwas anderes, ob man jemanden umbringen will oder ihn nur ärgert.«

Balthasar hatte schon fast vergessen, wie schwer ihm Kreszenz das Leben gemacht hatte.

Öseblöm verfolgte das Gespräch mit einem nachdenklichen Lächeln.

»Und was ist mit Don Carlos?«, fragte er. »Dann dürftet Ihr mit dem Adler vom hohen Berg auch nicht befreundet sein, nicht wahr?«

Die Burschen dachten ernsthaft darüber nach. Öseblöm hatte recht, der Adler vom hohen Berg hatte tatsächlich versucht, den kleinen Balthasar als Beute zu nehmen.

»Aber das war doch eine Verwechslung«, beschwichtigte Balthasar. »Außerdem hat ja unser Öseblöm rechtzeitig eingegriffen! Es ist also gar nichts passiert.«

»Das ist wohl wahr«, lachte Öseblöm. »Aber bevor Ihr über Amira urteilt, bedenkt bitte, dass ich hier und heute völlig unversehrt vor Euch sitze. Es ist also gar nichts passiert …«

Die Burschen stutzten bei diesem Gedanken.

»Stimmt«, stellte Kalle erleichtert fest und war froh, doch nicht an der Freundschaft mit den Adlern zweifeln zu müssen.

»Und wie ging es dann weiter?«, wollte Balthasar wissen, nachdem er die Kerzen ausgetauscht hatte.

»Ich hielt also den Schnabel des kleinen Adlerbabys zu. Die Adlerdame hielt für einen kurzen Moment inne. Den musste ich nutzen! »Liebe Adler-Mama«, sagte ich zu ihr. Da war sie erst recht verblüfft. Noch nie hatte sie mit jemandem gesprochen, der kein Adler war. »Ich will Ihrem Kind doch gar nichts antun.«

»Das hätte ich auch so gemacht«, sagte Kalle dazwischen.

Öseblöm nickte kurz dem noch jungen Abenteurer zu und fuhr fort: »Ganz ehrlich …, ich suchte verzweifelt nach den richtigen Worten, um die Adlerdame zu beruhigen. »Ich habe Ihrem Kind doch nur helfen wollen.« Das waren die falschen Worte. Die Adler-Mama streckte ihren riesigen Flügel nach mir aus und versetzte mir einen so kräftigen Stoß, dass ich mein Gleichgewicht verlor. Sofort begann das Adlerbaby erneut zu schreien …, und die Adlerdame hackte abermals nach mir … Na ja, letztendlich fiel ich wieder aus dem Nest heraus und stürzte erneut in die Tiefe.«

»Also wirklich«, sagte Balthasar. »Wenn es nicht Amira wäre …«

»Ich hatte Glück«, erklärte Öseblöm. »Das Seil hing noch immer fest an meinem Pfeil und ich konnte es rechtzeitig greifen, noch bevor ich auf den Waldboden aufschlug. Diesmal rutschte ich daran herunter und war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.«

»Und wie seid Ihr dann Freunde geworden?«, fragte Mallewutz.

»Nun das kam erst ein wenig später. Es ist nicht so leicht, das Herz einer Adlerdame zu gewinnen. Wenn sie Dich aber erst einmal in ihr Herz geschlossen hat, kannst Du Dir keinen besseren Freund wünschen.«

»Und wie hat Amira erfahren, dass Du nur ihr Baby gerettet hattest?«, wollte Malle wissen.

Öseblöm grinste.

»Pepe war schon als Baby sehr tollpatschig. Ich hatte gerade mein Seil mit einem kräftigen Ruck wieder zurückgeholt, als das Adlerbaby wieder aus dem Nest herausfiel …«

»Ich konnte es gerade noch rechtzeitig auffangen.« – »Und dann?«, fragte Kreszenz. – »Dann kam es, wie es kommen musste«, erklärte Öseblöm. »Die Adlerdame kam wie ein Blitz herangeschossen und landete vor meinen Füßen. Diesmal erkannte sie, was geschehen war. Doch von Dankbarkeit war keine Spur zu erkennen. »Gib mir sofort mein Kind zurück«, forderte sie mich auf. »Das mache ich gern«, antwortete ich. »Aber was bekomme ich dafür?« – »Oh, ich kann mir gut Amiras Blick vorstellen …«, warf Kalle ein. – Öseblöm lachte. »Dann kannst Du Dir auch meinen Blick vorstellen, als sie antwortete: »Ich lasse Dich leben, was willst Du mehr …?«

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt wieder an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es nun:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«