Einmal Schornstein und zurück
»Ich hoffe Ihr hattet eine gute Zeit? Die nächste Geschichte steht bereit!«
Lasst uns diesen Abend genießen und mit einer schönen Gutenachtgeschichte beschließen. Hüpft also rasch in Euer Bett – Nein! Ihr sollt nicht im Bett hüpfen, sondern ins Bett hüpfen. Deckt Euch wieder gut zu, schließt Eure Augen und spitzt Eure Ohren, denn die Geschichte war noch nicht zu Ende und Öseblöm berichtete weiter, von seinem kleinen Abenteuer im Mühldorf …
»So einen Kek hätte ich auch ganz gern«, stellte Balthasar fest.
Mallewutz stand kurz auf und besorgte Nachschub von der leckeren Limonade. Bauer Rums öffnete noch einmal seinen Korb und reichte wieder von seinem noch warmen Brot und leuchtend gelbem Käse, dessen Duft sich mit der sommerlichen Brise mischte.
»Das stelle ich mir lustig vor, hier im Dorf«, meinte Dralle, der sich schon ausmalte, wie sämtliche Dorfbewohner hinter dem jaulenden Hüpfball herrannten und versuchten, ihn zu fangen.
»Hast Du noch mehr über Deine Eltern in Erfahrung bringen können?«, fragte nun Dalin, der Zwerg. Er schien ein bisschen nachdenklich zu sein. Für den Kek hatte er nicht viel übrig, schließlich gehören Zwerge nicht zu den verspieltesten Wesen hier im Land.
Öseblöm schüttelte nur seinen Kopf und sagte nichts weiter dazu.
»Auf jeden Fall hast Du heute Morgen dann mein Seil mitgenommen …«, begann Kalle und forderte unseren Wanderer damit auf, endlich weiter zu erzählen.
»Das stimmt«, gestand Öseblöm. »Ich hatte gehofft, noch ein wenig mehr zu erfahren, wenn ich ihnen helfen würde, ihren Kek zurückzubekommen. Also machte ich mich mit Seil auf den Weg. Radun war sichtlich erfreut, mich wiederzusehen.
»Ah, auf Dich scheint Verlass zu sein«, begrüßte er mich gleich am Dorfeingang, so als hätte er dort schon auf mich gewartet. Es dauert wohl seine Zeit, bis die Menschen vom Mühldorf Vertrauen fassen.
»Ich hoffe, Du hast Dein Seil dabei«, meinte der Bürgermeister. »Und ich bete, dass es lang genug ist.«
»MEIN Seil ist auf jeden Fall lang genug!«, warf Kalle ein und trank einen Schluck von der Limonade.
»Nun ja«, fuhr Öseblöm fort. »Radun führte mich zu seinem Haus und deutete auf den Schornstein, der vom Dachgiebel aus bestimmt noch einmal zwei Meter in die Höhe ragte.«
»Warte noch einen Moment«, sagte der Bürgermeister. »Wir besorgen Dir noch eine Leiter, damit Du auf das Dach kommst.«
»Eine Leiter brauche ich nicht«, erklärte ich, gab meinen Wanderstiefeln ein kurzes Zeichen und schon ging es los. Dix und Dax waren in Hochform! Ein kurzer Anlauf genügte und schon sprangen sie mit mir in einem Satz auf das Dach, von dort gleich weiter auf den Schornstein herauf. Aber der Schwung war so groß, dass ich mein Gleichgewicht verlor. Ich konnte mich nirgends festhalten und so fiel ich in den Schornstein hinein …«
»Mit meinem Seil?«, fragte Kalle.
»Ja«, erklärte Öseblöm. »Das hatte ich noch um meine Schulter gewickelt. Aber es kam noch viel schlimmer! Der Kek steckte offensichtlich im Schornsteinschacht fest und eine seiner Beulen war noch oben gerichtet. So fiel ich mit meinem Popo genau auf diese Beule!«
»Das war doch gut, oder?«, meinte Malle. »Dann ist der Ball nach unten in den Kamin gesprungen?«
»Leider nein«, sagte Öseblöm und erzählte weiter. »Die Beule verschwand mit einem ohrenbetäubenden Jaulen, nur um an der gleichen Stelle wieder zu erscheinen und mich mit einer Gewalt nach oben zu schleudern, die mir fast den Atem raubte. So flog ich kurzerhand wieder aus dem Schornstein heraus, fiel aber passgenau wieder in den Schornstein zurück. Von draußen muss es ausgesehen haben, als wäre ich auf einem Trampolin, denn der Kek schien ein heimliches Vergnügen daran zu finden, mich wieder nach oben zu schleudern.
Vor dem Haus versammelten sich die Dorfbewohner und jedes Mal, wenn ich herausgeschleudert wurde, hörte ich sie rufen »Er hat ihn!«, gefolgt von einem »Oh, ah, nein doch nicht!«
»Wie bist Du da wieder herausgekommen?«, fragte Balthasar.
»Das wüsste ich auch gern«, lachte Bauer Rums. Seit langer Zeit konnte er wieder von Herzen lachen und die Augen der kleinen Pimpinelle strahlten vor Glück.
Öseblöm lachte mit, denn nach der ersten Überraschung fand er schon Gefallen an dem Spiel des Kek.
»Als ich wieder den Schornstein nach oben geschleudert wurde, griff ich mir Dein Seil und band es rasch zu einem Lasso«, erklärte Öseblöm.
»Ein Lasso ist gut …«, stellte Kalle fest, der bereits ahnte, wie Öseblöm es gelungen war, sich aus der Situation zu befreien.
»Während ich wieder in die Tiefe stürzte, warf ich das Lasso um den Schornstein und hielt mich am Seil ganz fest. Jetzt konnte ich den Sturz aufhalten und stoppte den Fall, kurz bevor ich wieder auf die Beule des Kek traf.«
»Und dann?«, fragte Kreszenz, ganz außer Atem, so als wäre er selbst in den Schornstein gefallen.
»Dann drückte ich den Kek vorsichtig herunter. Ich wollte, dass er unten durch den Kamin wieder herauskommt. Aber der Kek steckte fest. Doch irgendwie hatte ich den Eindruck, dass dieser Ball das mit Absicht machte. Deshalb stellte ich mich mit meinen Füßen und meinem ganzen Gewicht auf ihn. In diesem Augenblick gab er nach und wir purzelten durch den Kamin in die gute Stube des Bürgermeisters. Dort standen schon ein paar Dorfbewohner bereit und fingen den Kek ein. Und ich …; ich habe mich dann mit Seil wieder auf den Heimweg gemacht, denn es war schon spät geworden …«
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt aber an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es nun:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«