Tyrannosaurus Rex
»Es ist soweit! Seid Ihr bereit?«
Dann macht es Euch in Eurem Bett wieder so richtig gemütlich, schließlich wollen wir doch alle erfahren, wie das gefährlichste Abenteuer unseres Wanderers ausging. Darum spitzt nun Eure Ohren. Halt! Zuerst müsst Ihr natürlich Eure Augen schließen, denn auf der Veranda unserer fünf Burschen hätte man eine Stecknadel fallen hören können …
»… RUMMS, der Boden erzitterte und die Wände der Häuser begannen zu wackeln.«
Öseblöm erzählte mit leiser Stimme, es schien beinahe so, als wolle er flüstern. Kein Wort unterbrach ihn, ja, sogar der Mond machte einen erschrockenen Eindruck.
»Ich begann mich zu beeilen und schließlich rannte ich zurück zum Eingang des kleinen Dorfes. Dabei musste ich dem Beben entgegen gehen. Das unglaubliche Getöse kam immer schneller näher … RUMMS, RUMMS …, RUMMS …
Schnell erreichte ich den Eingang des Dorfes. Mit jähem Schreck wusste ich plötzlich, warum die Türen der Häuser alle verschlossen und die Fenster vernagelt waren. Direkt vor mir, keine zehn Schritte entfernt, erhob sich in schwindelerregende Höhen ein Ungetüm von einem Dinosaurier!«
»Was für ein Dinosaurier?«, entfuhr es Balthasar mit tonloser Stimme.
»Es war ein Tyrannosaurus Rex!«, antwortete Öseblöm.
Die Freunde waren zutiefst erschüttert als sie das hörten, und Öseblöm erzählte weiter:
»Zwar kenne ich mich nicht so gut aus damit, denn eigentlich dachte auch ich, dass Dinosaurier schon längst ausgestorben seien. Aber dieses Monster schaute mich aus seinen kalten Augen an und zeigte mir seine scharfen Zähne. Für einen Moment stand ich wie erstarrt auf der Stelle. Vergesst nicht, ich hatte ja noch keine Wanderstiefel! Es war wohl der gefährlichste Augenblick in meinem Leben.«
»Und wie bist Du da wieder herausgekommen?«, fragte Kreszenz, der sich nicht vorstellen wollte, wie er sich gefühlt hätte.
»Ich hatte Hilfe,« erklärte Öseblöm, »das sagte ich doch schon. Auf jeden Fall brüllte der Dinosaurier plötzlich so lautstark los, dass mir schwindelig wurde. Meine Ohren waren völlig taub. Dann schnappte der T. Rex nach mir! Mit einem Satz sprang ich beiseite. Gerade noch rechtzeitig. Ich hörte, wie die Zähne dieses Raubtiers dicht neben mir in die Luft bissen. Atemlos rannte ich um mein Leben, wieder zurück ins Dorf. Ich suchte Schutz zwischen den Häusern. Der Saurier mir immer dicht auf den Fersen!«
»Und hat keiner der Dorfbewohner Dich hereingelassen?«, fragte Balthasar.
Öseblöm schüttelte nur den Kopf.
»Ich glaube, die waren froh, dass ich als Futter dienen sollte, und nicht sie selbst.«
»Das ist aber gemein«, stellte Balthasar fest.
»Na ja«, sagte Öseblöm. »Ich kann sie ja verstehen. Die Leute dort hatten einfach nur Angst.«
»Aber wer hat Dir dann geholfen?«, wollte Mallewutz wissen.
Öseblöm lächelte, als er sich daran erinnerte.
»Die Hilfe kam schließlich von oben und sie kam unerwartet. Das Ungetüm hatte mir gerade den Weg abgeschnitten. Zwei Häuser im Rücken und den Tyrannosaurus Rex direkt vor mir, stand ich hilflos an einer Hauswand angelehnt. In diesem Augenblick dachte ich, es sei vorbei. Ich dachte an meine Eltern, meinen Großvater, an zuhause und fragte mich, was ich hier überhaupt mache. Noch einmal rannte ich los, so schnell ich nur konnte. Der Saurier schnappte ein letztes Mal nach mir. Diesmal sollte ich ihm nicht mehr entkommen. Ich wollte noch einen Haken schlagen, wie ein Hase, aber ich stolperte und fiel auf meinen Bauch. Mein Gesicht landete in einer kleinen Schlammpfütze. Nun war es vorbei!«
Das Quietschen des Schaukelstuhls unterbrach für einen Moment die Stille, aber niemand rührte sich. Alle hörten wie gebannt zu. Auch Dalin hielt jetzt inne.
»In diesem Augenblick, die Zähne des Urzeittiers waren nur noch eine Handbreit von mir entfernt, ertönte ein markerschütternder Schrei. Dann ein Befehl: »Halt Dich fest!« Zwei scharfe Krallen fuhren in meinen Rücken und rissen mich in die Höhe. Es war Amira, die mächtige Adlerdame. Pfeilschnell war sie herangerauscht, lautlos und zielsicher hatte sie mich gepackt und in die Höhe gehoben. Der tödliche Biss des T. Rex ging noch einmal ins Leere …!«
»Amira hat Dich gerettet!«, rief Kalle hocherfreut.
»Ja«, bestätigte der Wanderer. »Die mächtige Adlerdame, bei der ich noch etwas gut hatte, hat mir mit ihrem bewundernswerten Mut das Leben gerettet. Sie hob mich in so große Höhen, die für den Tyrannosaurier unerreichbar waren. Natürlich schnappte er noch einmal hinter uns her, aber das war keine wirkliche Gefahr mehr.
So flog Amira mit mir ein Stück den Talkessel zurück und setzte mich an einem der dicken Tannen, am Kesselrand ab. Mein Rücken schmerzte, aber ich wusste, dass diese Wunden heilen würden. »Danke, liebe Freundin«, sagte ich. Amiras Blick werde ich nie vergessen. In diese dunklen Augen, mit ihrem gefährlichen Funkeln, mischte sich ein Ausdruck aus Staunen und Freude. »Nun schulde ich Dir etwas, Amira«, sagte ich ihr. Für einen Moment schwiegen wir beide. Dann schien sie doch tatsächlich zu lächeln. »Es ist gut, Freunde zu haben …«, sagte sie. »Wann immer Du mich brauchst, ich werde da sein«, antwortete ich. Seit diesem Tag sind wir Freunde.«
»Ein unglaubliches Abenteuer!«, stellte Bauer Rums fest. Pimpinelle hatte sich inzwischen dicht an ihren Vater gekuschelt und nickte nur bestätigend mit ihrem Kopf. »Aber mir fällt auf, dass Du anfangs erzählt hast, Dinosaurier seien ausgestorben, zumindest jetzt schon …«, bemerkte der Bauer nachdenklich. »Dann war das Abenteuer noch gar nicht zu Ende?« – »Das ist ausgesprochen richtig, mein Freund«, antwortete Öseblöm und trank noch einen Schluck von seiner Limonade …
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt aber an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es nun:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«