… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 165

Leises Rascheln

»Ich hoffe sehr, Ihr seid bereit? Die nächste Episode steht bereit!«

Lasst uns also nicht mehr viel Zeit verlieren, denn das nächste Abenteuer kündigt sich an. Noch ahnen unsere Freunde auf der Veranda nichts davon, … naja, vielleicht einer von ihnen. Darum wollen wir uns still und leise auf die Reise machen, in unsere kleine Welt, in die kaum ein Erwachsener jemals eintauchen kann. Also schließt jetzt Eure Augen und spitzt Eure Ohren …

… denn der Abend auf der Veranda neigt sich dem Ende zu.

Mama Rums saß neben ihrem Mann auf der Bank und hielt seine Hand.

»Ich glaube, ich würde jetzt gerne nach Hause gehen«, sagte sie und lächelte etwas müde. »Es ist schön, wieder daheim zu sein.«

»Oh wie schade!«, rief Balthasar, der sich so wohl fühlte, wie lange nicht mehr.

»Mama Rums hat recht«, mischte sich jetzt Öseblöm ein. »Es wird Zeit für uns alle, ins Bett zu gehen.«

Plötzlich spürten alle, wie sich eine wohlige Müdigkeit einstellte. Anton Rums überlegte kurz, wie er seine Frau den weiten Weg tragen könnte, aber Kasran kam ihm zuvor.

»Ich möchte mich auch von Euch allen verabschieden«, summte er mit seiner Sing-Sang Stimme. »Auch für mich wird es Zeit …«

»Musst Du etwa auch ins Bett?«, fragte Balthasar.

Das Lichtwesen lachte zum ersten Mal laut auf. Es klang als würden viele Tausend kleine Wesen in schallendes Gelächter ausbrechen …, ein singendes Gelächter, heiter und fröhlich.

»Ich bin nicht von Deiner Art«, erklärte Kasran, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. »Nein, ich muss nicht ins Bett. Ich schlafe nicht, auch muss ich mich nicht ausruhen, jedenfalls nicht so, wie Ihr das vielleicht kennt. Aber ich werde gerufen. Meine Hilfe wird woanders gebraucht.«

Mama Rums warf dem Lichtwesen einen dankbaren Blick zu.

»Doch zuvor bringe ich Euch drei noch zu Eurem Hof«, erklärte Kasran.

Kaum hatte er ausgesprochen, schon wandelten sich seine Konturen in ein riesiges Lichtermeer. Geradezu zärtlich näherten sich die in allen Farben schillernden Leuchtpunkte der Rums Familie, hüllten sie ein und hoben sie in die Luft. Langsam stiegen sie auf, gewannen an Höhe und schwebten über das Dorf zum Rums Hof.

»Danke«, flüsterte die kleine Pimpinelle, als sie wieder Boden unter ihren Füßen spürte.

Auch Bauer Rums hatte Tränen in den Augen, Tränen vor Glück.

»Jetzt wird alles gut«, sagte er.

»Aber gewiss doch«, säuselte Kasran und verschwand in einem gewaltigen Lichtblitz, der wieder einen leuchtenden Regenbogen am Nachthimmel zurückließ …

***

»Unser Freund scheint ein Fan von Regenbögen zu sein«, murmelte Kalle, der nun seiner Müdigkeit nachgab und lautstark gähnte.

»Lasst uns noch den Tisch abräumen«, schlug Mallewutz vor.

»Das mache ich schon«, bot sich Dalin an. »Ich kann jetzt sowieso noch nicht schlafen.«

Also begaben sich unsere fünf Burschen zu Bett, kuschelten unter ihren Decken und fielen in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Öseblöm stand noch am Verandazaun angelehnt und sein Blick glitt über den Nachthimmel.

»Alles wird gut«, sagte Dalin, als er dicht hinter ihm stand.

»Ich bin nicht sicher …«, flüsterte Öseblöm. »Meine Eltern …«

»Du wirst sie wiedersehen«, entgegnete der Zwerg. »Ganz gewiss!«

»Aber sie sind auf der Flucht«, wandte Öseblöm ein. »Vor wem oder vor was?«

»Mach Dir keine Sorgen, mein Freund«, murmelte Dalin. »Du hast mehr Freunde, als Du Dir vorstellen kannst. Aber auch Du solltest jetzt zu Bett gehen. Es könnte ein anstrengender Tag werden.«

Der Wanderer atmete einmal tief durch, dann stieß er sich vom Geländer ab und ging ohne ein weiteres Wort ins Haus.

»Gute Nacht, Öseblöm!«, rief Dalin ihm noch nach.

»Gute Nacht, Dalin! Gute Nacht, Dalin. Gute Nacht, Dalin!«, ertönte es aus dem Haus. Zuerst mit einer hohen Stimme, dann mit einer etwas tieferen, dann noch tiefer … und noch tiefer und schließlich hörte man auch unseren Öseblöm rufen: »Gute Nacht, liebe Freunde!«

Der Zwerg stellte das Geschirr zusammen, Teller und Tassen stießen dabei immer wieder aneinander und klangen in hellen Tönen durch die Stille der Nacht.

Für unsere Freunde klang es wie Musik in ihren Ohren, die sich immer weiter von ihnen entfernte. Niemand von Ihnen bemerkte das leise Rascheln unter der Veranda. Es kündete bereits vom nächsten Abenteuer …, aber jetzt mussten unsere Freunde erst einmal schlafen. Selbst Dalin, der eigentlich ein sehr gutes Gehör besaß, fiel nichts weiter auf. Das Rascheln ging im Klirren von Tellern und Tassen unter. Und so wurde es still im Haus und auf der Veranda.

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«