Aufbruch
»Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag?!«
Dann wollen wir diesen jetzt mit einer zauberhaften Gutenachtgeschichte beenden. Und Ihr wisst ja, zu einer wirklich guten Geschichte, gehört ein kuscheliges Bett. Also deckt Euch nun schön zu, schließt Eure Augen und spitzt Eure Ohren, denn unsere kleinen Helden machen sich gerade auf, ihren Freunden jenseits des hohen Berges zu helfen …
Kalle war noch ganz aufgeregt und völlig außer Atem, als er die Verandastufen emporsprang, um sich noch einmal kurz auf die Bank zu setzen.
»Ein paar Dinge sollten wir noch besprechen«, sagte Öseblöm und deutete mit einer kleinen Geste zum großen Tisch auf der Veranda.
Nachdem alle noch einmal Platz genommen hatten, begann Öseblöm seinen Plan zu erläutern.
»Wir alle wollen Don Carlos helfen«, begann er und die Freunde nickten zustimmend. »Aber dazu brauchen auch wir Hilfe. Der Adler vom hohen Berg könnte nämlich überall sein. Für uns wäre es ohne Hilfe nahezu unmöglich, ihn zu finden. Wir benötigen zumindest einen Hinweis, wo wir ihn suchen sollen.«
»So wie mit Dalin«, unterbrach Kalle den Wanderer.
Öseblöm nickte nur und fuhr fort: »Richtig. Ohne helfende Hinweise hätten wir Dalin nie gefunden.«
»Mit Pepe war es doch auch so«, erinnerte sich Balthasar.
Der Wanderer lächelte und streichelte Balthasar verständnisvoll über den Kopf.
»Genau«, sagte Öseblöm. »Und ich kenne nur zwei Wesen, die wissen könnten, wo wir Don Carlos finden werden.«
»Karun …«, flüsterte Kalle voll tiefem Respekt vor dieser Legende.
»Das ist wahr«, entgegnete Öseblöm und machte eine kurze, aber bedeutsame Pause. »Karun könnte es wissen. Und falls nicht, so bliebe uns noch Kasran. Das Lichtervolk weiß es mit Sicherheit. Die Frage ist nur, ob wir es auch antreffen werden, unter dem hohen Berg.«
»Aber die wohnen doch dort, oder?«, bemerkte Mallewutz. »Dann kann es doch nicht so schwer sein, sie zu treffen.«
»Das schon«, ging Öseblöm auf den Einwand ein. »Aber DU wohnst auch hier in diesem prächtigen Haus und trotzdem bist Du nicht immer anzutreffen. Schließlich gehst Du manchmal zur Schule …«
»Was heißt manchmal?«, brummte Mallewutz. »Immer, ich gehe immer zur Schule.«
»Nun«, meinte Öseblöm. »Dann bist Du immer an der Schule anzutreffen?«
Mallewutz war verblüfft: »Aber ich bin doch immer da.«
»Das behauptet Kasran auch von sich«, erklärte der Wanderer. »Und Kasran ist wirklich überall und nirgends gleichzeitig. Hoffen wir also, dass wir ihn antreffen.«
»Deshalb werden wir in zwei Gruppen reisen. Kreszenz und Dralle reisen mit Handan und mir. Wir haben zu dritt genügend Platz auf seinen Schultern. Kalle und Betty begeben sich zum Zauberwald. Bei der Gelegenheit können sie dem Busch sein »freundliches« Geäst zurückbringen. Fragt alle nach dem Herrn des Waldes, vielleicht habt Ihr Glück …«
»Und was ist, wenn wir ihn nicht finden?«, fragte Kalle.
»Ihr solltet auf keinen Fall zu viel Zeit verlieren«, wies Öseblöm die Gefährten an. »Sieh zu, dass Du die kleine Betty wohl behalten auf die andere Seite des hohen Berges bringst. Du kennst mittlerweile den Weg.«
»Ich komme zwar auf die andere Seite des Berges“, sagte Kalle. „Aber ich weiß nicht, wo Bettys Wald zu finden ist.«
»Auf der anderen Seite des Berges kenne ich mich aus«, meinte das Eichhörnchen. »Da kommen wir schon weiter.«
»Und wie und wo treffen wir uns?«, fragte Kalle. »Und vor allem, wann?«
»Wir treffen uns am Höhleneingang jenseits des hohen Berges«, schlug Öseblöm vor. »Ich werde dort immer wieder vorbeischauen, zusammen mit Amira, wie ich hoffe.«
»Ein bisschen viel HOFFEN und wenig Gewissheit, findet Ihr nicht?«, warf Dalin in die Runde.
Dem Zwerg war nicht ganz wohl bei der Sache. Aber er selbst war noch viel zu schwach für eine solche Reise. Es könnte anstrengender werden, als gedacht.
Öseblöm bemerkte den Glanz in Dalins Augen und versuchte ihn zu trösten.
»Du bist uns eine große Hilfe, wenn Du hier wieder vollständig gesund wirst.«
Dalin nickte nur, stand auf und ging langsam die Verandastufen herunter.
»Was hast Du vor?«, fragte Öseblöm.
»Wir sollten den »freundlichen Busch« unter der Veranda hervorholen, findet Ihr nicht?«, erklärte Dalin und kniete auch schon neben der Treppe am Boden.
»Vielleicht sollte ich das besser machen«, schlug Öseblöm vor. Rasch kniete er neben dem Zwerg und krabbelte vorsichtig unter die Veranda. – »AH, GUTER FREUND …«, erklang es tief unter dem Haus. Das knochige Geäst wechselte vor Aufregung ständig seine Farbe. Doch in der Dunkelheit konnte das niemand erkennen. Dann versuchte es, den Wanderer zu greifen …
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«