… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 186

Sausewind

»Ich hoffe, Ihr hattet einen wunderschönen Tag …!«

Dann wollen wir diesen Tag mit einer wunderschönen Geschichte beschließen. Daher macht es Euch wieder so richtig gemütlich, hüpft ganz schnell ins Bett, deckt Euch gut zu und dann … schließt bitte, wie immer, Eure Augen und macht Eure Ohren ganz weit auf. Es wäre auch keine schlechte Idee, genauso Eure Herzen zu öffnen, denn wir begleiten jetzt einen wirklich guten Freund …

Handan bewegte sich mit atemberaubender Geschwindigkeit. Hätten Dralle und Kreszenz sich nicht an Handans Schulter festgebunden, sie wären in hohem Bogen heruntergefallen.

Der Wind stob ihnen ins Gesicht und raubte den Jungs fast den Atem.

»Alles in Ordnung bei Euch?!«, rief Öseblöm den Beiden zu.

»Sause …«, presste Kreszenz zwischen seinen Zähnen hervor.

Dralle hingegen schaffte es nur, ein wenig mit dem Kopf zu nicken. Öseblöm grinste und gab dem Riesen ein Zeichen, etwas langsamer zu werden. Handan, der Riese aus Wurzelbruck, ließ ein wenig nach und seine Wanderstiefel folgten ihm aufs Wort. Sofort wurden sie langsamer.

»… wind«, konnte Kreszenz nun seine Antwort zu Ende bringen. »Handan ist ein richtiger Sausewind!«

»Das kann man wohl laut sagen«, stimmte Dralle zu.

Jetzt konnten unsere Burschen wenigstens durchatmen. Aber die Freunde waren noch immer ziemlich schnell unterwegs und auch in großer Entfernung horchte alles auf, denn das mächtige Getöse war weithin zu hören.

Am frühen Nachmittag, sie waren bislang ohne Unterbrechung vorangestürmt, schlug Öseblöm vor: »Lasst uns eine kleine Rast machen!«

Das ließ sich Handan nicht zweimal sagen. Bei einer kleinen Baumgruppe kamen sie zum Stehen, ein vortrefflicher Ort, um im Schatten der Nachmittagssonne zu pausieren. Kreszenz band das Seil wieder los und ließ sich langsam herunter. Dralle folgte ihm. Nur mühsam setzte der Sohn des Bürgermeisters einen Schritt vor den anderen.

»Du gehst, als seiest Du viele Stunden auf einem Esel geritten …«, bemerkte Dralle.

Kreszenz lächelte gequält. »Und Du bist mir auf einem Esel gefolgt!«

Auch Dralle ging breitbeinig und ziemlich langsam. Sein Popo tat ihm weh.

»Esel?!«, rief Handan und rieb sich seine Schulter. »Ich bin doch kein Esel!«

»Außerdem bräuchtet Ihr viele Tage auf einem Esel, um so weit voranzukommen«, mischte Öseblöm sich ein. Unser Wanderer fand das Ganze eher belustigend. »Und dann solltet Ihr Euch mal sehen …«

Öseblöm lächelte, denn er wusste, dass die jungen Burschen sich erst einmal an diese Anstrengungen gewöhnen mussten.

»Macht Euch keine Sorgen«, sagte er. »Das wird schon wieder.«

Handan hatte es sich zwischenzeitlich auch am Boden gemütlich gemacht, aber er lag mehr auf der Seite, damit auch er in den Genuss des kühlenden Schattens kommen konnte.

»Ob wir Don Carlos finden werden?«, fragte Kreszenz. »Und wie kann ich ihn erkennen? Für mich sieht ein Adler aus wie der andere.«

»Na ja«, meinte Dralle. »So viele Adler mit Halstuch wird es wohl nicht geben, oder?«

»Und Adler, die mit Dir sprechen können auch nicht«, fügte Handan hinzu.

»Ohne Hilfe …,« überlegte Öseblöm, »bezweifle ich, dass wir Don Carlos finden können.«

»Und wenn Du wieder FLÜSTERST?«, schlug Dralle vor.

»Außerhalb vom Flüsterwald ist das sehr schwierig«, antwortete Öseblöm. »Ihr habt doch gesehen, was passierte, als ich nach Dalin gefragt habe.«

»Ihr habt Dalin doch gefunden, oder nicht?«, meinte Kreszenz. »Dann kann das FLÜSTERN nicht so ganz schlimm gewesen sein.«

»So gesehen schon«, gab Öseblöm zu. »Also gut, sollten wir tatsächlich keine Hilfe finden, so werde ich noch einmal FLÜSTERN. Aber die Frage muss ich mir gut überlegen. Und wir sollten dann auf Überraschungen gefasst sein.«

»Seitdem ich Dich kennengelernt habe, bin ich immer auf Überraschungen gefasst!«, lachte Handan und gab das Zeichen zur Weiterreise. »Die Sonne steht schon tief und ich möchte wenigstens den Höhleneingang erreichen, bevor die Sonne untergeht.«

Unsere Freunde packten Brotzeit und Getränke wieder ein und machten es sich erneut auf den Schultern des Riesen so bequem, wie es eben möglich war. Nachdem Kreszenz und Dralle wieder durch Kalles Seil gesichert waren, konnte es losgehen. Nach wenigen Schritten erreichten die Vier ihre Reisegeschwindigkeit, begleitet von Dröhnen und Beben …

Die Sonne stand bereits tief am Horizont, als unsere Abenteurer schließlich den Höhleneingang am hohen Berg erreichten. Unweit des Eingangs standen die drei steinern wirkenden Bäume, die den in Vergessenheit geratenen Zugang zur Höhle bewachten.

»Was ist das denn?!«, rief Kreszenz voller Staunen und deutete auf das riesige Gebüsch vor dem Höhleneingang. – »Das ist ein Gebüsch«, erklärte Dralle und wunderte sich über die Frage. – »Nein, das meine ich nicht«, beharrte Kreszenz und zeigte auf ein kleines Wollbüschel, das aus dem Gebüsch herausragte und immer wieder hin und her wackelte …

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«