Fackelzug
»Seid Ihr bereit? Es ist soweit!«
Die nächste Episode steht bereit und damit lässt sich der heutige Tag wunderbar beenden. Doch zuerst müssen wieder einige Vorbereitungen getroffen werden. Ihr wisst schon, das Bett ist der beste Ort für eine zauberhafte Gutenachtgeschichte. Also macht es Euch dort so richtig gemütlich, schließt Eure Augen und spitzt Eure Ohren, denn unser Öseblöm hat soeben die erste Fackel entzündet …
»Ooh, Aah …, ein Licht …, icht …, …icht …«, ertönte es von allen Wänden, als Öseblöm sich mit einer brennenden Fackel in der Hand aufrichtete.
»Das war eine sehr gute Idee, mein Freund«, lobte der Wanderer unseren Kalle, der voller Stolz wie ein Sieger lächelte.
»Und wie hast Du das Feuer gemacht?«, fragte Betty. Eigentlich wollte sie wissen, wie es Öseblöm mit nur zwei Feuersteinen doch noch gelingen konnte, aber der Abenteurer lächelte nur geheimnisvoll und schwieg.
Die Freunde bei Handan konnten das Licht ebenfalls gut sehen und stimmten in das Oh und Ah mit ein. Jetzt waren alle voller Hoffnung.
»Es ist ein langer Weg durch den hohen Berg. Lasst uns gehen«, schlug Öseblöm vor.
Kalle sammelte die vielen Holzscheite ein und folgte seinem Freund. Betty hingegen hatte es sich wieder auf Kalles Schulter gemütlich gemacht.
»Willst Du nicht selbst laufen?«, fragte Kalle.
»Neee«, verneinte das Eichhörnchen. »Ich muss doch auf Dich aufpassen!«
»DU auf mich aufpassen?«, zweifelte Kalle und dachte kopfschüttelnd daran, dass das kleine Eichhörnchen gleich zweimal eingeschlafen war und das ausgerechnet in entscheidenden Augenblicken.
»Aber vielleicht konnte die Kleine ja gar nichts dafür«, dachte sich der Bursche. »Vielleicht hatte Karun es ja so gewollt …?«
Mit diesen Gedanken trottete er seinem Freund Vinidi Öseblöm hinter her. Nach kurzer Zeit erreichten sie Handan, die Jungs und die kleine Marie. Die Freude über das Wiedersehen stand allen ins Gesicht geschrieben.
»Jetzt wird alles gut«, meinte Kreszenz und machte seiner Erleichterung Luft.
»Das müssen wir noch sehen«, wandte Kalle ein. »Schließlich haben wir Don Carlos noch nicht gefunden. Und dann müssen wir ja auch noch sein Problem lösen.«
»Das wird sicher nicht einfach«, dachte sich Kalle, sprach diesen Gedanken aber nicht aus.
»Also …, jeder nimmt sich jetzt eine Fackel«, sagte Öseblöm. »Und dann folgt ihr mir.«
»Ich kann keine Fackel nehmen!«, beschwerte sich Marie.
»Und ich schon überhaupt ganz und gar nicht!«, stimmte die kleine Betty mit ein.
Öseblöm zog eine Augenbraue nach oben und schaute kurz zu Handan hinauf. Der Riese aus Wurzelbruck verstand sofort. Mit einer schnellen Bewegung griff er sich das Schäfchen und nahm es auf den Arm.
»Du brauchst keine Fackel«, stellte er fest und richtete sich in seiner vollen Höhe auf.
»Und Du sicher auch nicht«, bemerkte Kalle und wandte sich an die kleine Freundin auf seiner Schulter. »Wie willst Du auf mich aufpassen, wenn Du eine Fackel tragen musst?«
»Das stimmt! Ganz genau!«, sagte Betty feierlich und richtete sich auf, um nicht mehr ganz so klein zu wirken.
»Nun denn«, meinte Öseblöm und schritt voran, direkt gefolgt von Dralle, der immer wieder Probleme mit seiner Hose zu haben schien.
»Ich hab doch gesagt, Du musst den Gürtel ein Loch enger schnallen«, meinte Kreszenz, der sich dicht hinter seinem Freund hielt.
»Das hab ich doch«, entgegnete Dralle verärgert.
»Dann nimm halt noch ein Loch enger!«, schlug Kreszenz vor, der Dralles Problem einfach nicht verstand.
So kam es, dass sich nach vielen Tausend Jahren erneut ein Fackelzug den schmalen Pfad durch die Höhle unter dem hohen Berg entlang bewegte. Unser Öseblöm schaute sich pausenlos um, ob er nicht eines der kleinen Lichter entdecken könnte. Vielleicht hatte sich das Lichtvolk versteckt? Vielleicht hatten sie aber auch diese Höhle verlassen? Wer konnte das schon wissen? Was ist mit Don Carlos geschehen?
All diese Gedanken schossen unserem Wanderer durch den Kopf, während sie Schritt für Schritt immer tiefer in die Höhle vordrangen.
Hier, tief unter dem hohen Berg, machte alles einen einsamen und verlassenen Eindruck. Kein Hinweis auf Kasran und sein Lichtervolk. – »Ich hoffe, wir haben das andere Ende der Höhle bald erreicht«, unterbrach Kreszenz nach einer Weile die Stille, die ansonsten nur von ihren leisen Schritten gestört wurde, die wiederum als noch leiseres Echo von den Wänden zurückhallten. »Wieso?«, fragte Handan. Der Riese hielt in einer Hand die kleine Marie und in der anderen seine Fackel. – »Na, weil meine Fackel bald zu Ende geht«, stellte Kreszenz besorgt fest. Diese Sorge war nicht unbegründet.
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«