Ohne Ausgang
»Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag?!«
Dann könnten wir uns jetzt in eine noch viel schönere Geschichte stürzen. Seid Ihr bereit? Es ist wieder soweit! Huscht nun ganz schnell unter Eure Decke und macht es Euch wie immer so richtig kuschelig. Sodann schließt Eure Augen und spitzt Eure Ohren, denn unsere Freunde stehen vor einem echten Dilemma, dort unter dem hohen Berg, in der vergessenen Höhle.
»Oh je, oh je«, jammerte die kleine Betty. »Gleich wird es zappenduster.«
»Lasst uns weiter gehen«, schlug Öseblöm vor. »Wenn wir hier stehen bleiben, wird es für uns auch nicht heller.«
»Das denke ich auch«, stimmte Kalle zu, griff sich das Eichhörnchen und steckte es wieder in sein Hemd. »Hier bist Du besser aufgehoben«, meinte er und Betty fand, dass der Bursche ausnahmsweise einmal recht hatte.
Dralle zerrte wieder an seiner Hose herum.
»Warum schnallst Du Deinen Gürtel nicht endlich enger?«, fragte Kreszenz.
»Das mache ich doch dauernd!«,rief Dralle so laut, dass ein Echo unvermeidlich folgte »… dauernd, …auernd …, …auern …«
»Vielleicht sollten wir nicht so laut sein«, meinte Marie. »Wer weiß, wer sich noch so alles in dieser Höhle herumtreibt.«
»Also wir treiben uns nicht herum«, widersprach Handan. »Wenn überhaupt, dann treiben wir hindurch, schließlich wollen wir nur zur anderen Seite.«
So trotteten die Freunde wieder dicht hintereinander den schmalen Pfad entlang, bis sie wieder jene Stelle erreichten, wo es für den Riesen nur noch auf den Knien weiterging.
»Das hatte ich völlig vergessen!«, erinnerte sich Handan. »Was mache ich jetzt mit meiner Fackel und mit Marie?«
Öseblöm schaute sich nur kurz um, dann entschied er: »Marie kann laufen und Deine Fackel gibst Du mir.«
Öseblöm griff nach Handans Fackel und löschte sofort das Feuer. Sogleich wurde es ein Stück dunkler in der Höhle.
»Das ist eine sehr gute Idee!«, rief Kalle und löschte seine Fackel ebenfalls. Anschließend nahm er die Fackeln der beiden anderen Burschen und löschte auch dort das Feuer.
»Was tust Du da, Du Narr!«, schimpfte Betty. »Jetzt ist es ja stockduster!«
»Nein, nein«, raunzte Handan. »Das ist eine wirklich supergute Idee. Warum sind wir nicht sofort darauf gekommen?«
Unser Öseblöm hatte seine Fackel natürlich nicht gelöscht. So hatten die ungleichen Abenteurer zwar nicht mehr viel, aber immerhin noch ein wenig Licht. Da Kalle auch noch zwei, drei Holzscheite übrig hatte, konnten sie so vielleicht das andere Ende dieser Höhle erreichen. Also zogen sie weiter. Öseblöm mit der Fackel voran, dicht gefolgt von seinen Freunden. Das Schlusslicht bildete der Riese Handan, der immer aufpassen musste, dass er niemanden mit seinen großen Händen erdrückte.
Schließlich erreichten sie die majestätische Halle, die normalerweise von Millionen kleiner Lichtpunkte bevölkert war. Diesmal jedoch konnten sie die wahre Größe des Raumes nur erahnen. Außer der Fackel gab es ansonsten kein Licht.
»Das ist schon sehr seltsam«, murmelte Öseblöm. »Ich hoffe, wir müssen uns keine Sorgen machen.«
»Um Kasran?«, fragte Kalle. »Ich glaube kaum, dass sich irgendjemand um ihn und sein Volk wirklich Sorgen machen muss.«
»Wer weiß, wer weiß …«, antwortete Öseblöm vieldeutig und schritt weiter voran.
Hier konnte Handan wieder aufrecht gehen.
»Würdest Du mich bitte wieder auf Deinen Arm nehmen?«, bat die kleine Marie. »Da fühle ich mich gleich viel sicherer.«
»So geht es mir auch«, dachte sich das Eichhörnchen, rührte sich aber nicht.
Der Riese von Wurzelbruck lächelte, packte sich das Schäfchen und folgte seinen Freunden.
»Jetzt kann der Ausgang nicht mehr weit sein«, versuchte Öseblöm seinen Freunden Mut zu machen. Was er jedoch lieber für sich behielt. Er hatte keine Vorstellung darüber, wie sie das geheimnisvolle Tor öffnen sollten. Bislang hatte dies immer Kasran bewerkstelligt. Nun aber schien es so, dass unsere Abenteurer auf sich allein gestellt waren.
Außerdem wurden die jüngeren Burschen langsam müde. Wären sie noch daheim, so lägen sie schon lange in ihren Betten. Aber in dieser Situation traute sich keiner von ihnen, etwas zu sagen. Daher gingen sie weiter. Mittlerweile hatte Öseblöm die letzte Fackel entzündet. Nun mussten sie unbedingt den Ausgang erreichen, und zwar bevor das Feuer verlosch!
»Ich will auf keinen Fall hier mitten in der Höhle sein, wenn die letzte Fackel verlischt!«, erklärte Öseblöm und legte noch einen Zahn zu. Im Gleichschritt marschierten sie nun voran. Nur Dralle stolperte des Öfteren über seine Hose, die ständig größer zu werden schien. »Wenn das so weitergeht, kann bald Handan meine Hose anziehen«, knurrte er verärgert. »Ich brauche Deine Hose nicht«, kam es von hinten. »Meine Hose passt wie angegossen.« – »Das kann ich von meiner Hose nicht gerade sagen«, murrte Dralle, der sich einfach nicht erklären konnte, was mit seiner Hose los war.
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«