Dralles Malheur
»Wollt Ihr wissen, wie es weitergeht …?«
Dann müsst Ihr jetzt ganz schnell in Euer Bett. Macht es Euch dort wieder so richtig gemütlich. Gut zudecken, Augen schließen und nun solltet Ihr Eure Ohren ganz weit aufmachen, denn unser Dralle stand da wie ein begossener Pudel und seine Freunde staunten nicht schlecht. Seid Ihr bereit? Dann kann es jetzt losgehen …
Noch immer hatte es den Abenteurern die Sprache verschlagen. Dralle hielt noch immer Kalles Hand und mit der anderen Hand hielt er seine Unterhose fest. Seine Hose war mittlerweile so groß, dass sie einfach nicht mit aufgestanden war.
Der junge Dralle stand in seiner Hose, die noch immer am Boden lag.
Stille. Alle staunten.
»Nun sagt doch was«, bat Dralle.
»Also mir passt Deine Hose nicht«, stellte Handan etwas trocken fest.
»Das stimmt«, sagte nun Öseblöm. »Aber Du solltest Dich einmal anschauen …«
Dralle hielt noch immer verschämt seine Boxershorts fest und blickte an sich herunter. Dann grinste er wie ein Honigkuchenpferd.
»Ich glaube nicht, dass wir Dich noch Dralle nennen können«, meinte Kreszenz.
Dralle hatte verstanden. Nicht seine Hose ist immer größer geworden, während sie unterwegs waren, sondern sein Bauch hatte sichtlich an Umfang verloren.
»Ralle«, sagte Kalle plötzlich. »Wie wäre es mit Ralle?«
»Kalle, Malle, Ralle …«, sinnierte Kreszenz. »Das passt doch gut.«
Dralle … oder Ralle blickte sich in seinem Freundeskreis um. Plötzlich fühlte sich alles so leicht an. Doch dann schaute er auf seine Hose, die noch immer am Boden lag.
»Also einen neuen Namen zu haben, ist ja ganz schön«, sagte er. »Aber was mache ich hier ohne Hose? Ohne eine Hose gehe ich keinen Schritt weiter!«
Die Freunde waren ratlos.
Kaum dass ein Problem gelöst war, stand das Nächste bereits vor der Tür. Woher sollten sie hier draußen in der Wildnis eine neue Hose bekommen. Außerdem drängte die Zeit. Schließlich waren sie ja nicht zum Vergnügen so weit weg von zuhause.
»Du hast recht«, sagte Öseblöm. »Ich würde hier auch nicht ohne Hose herumlaufen. Und was ist mit Deinem Gürtel? Kannst Du ihn nicht noch enger schnallen?«
Ralle bückte sich und zog seine Hose hoch, die nun wie ein großer Sack an ihm hing.
»Der Gürtel lässt sich nicht enger schnallen«, erklärte der Bursche und zum Beweis zog er den Gürtel so eng es eben ging um seinen Bauch zusammen. Aber der Gürtel passte zwar noch zur Hose, nicht aber zu dem neuen jungen Burschen, der früher einmal Dralle genannt wurde.
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Betty.
Das Eichhörnchen hatte ihren Freund Don Carlos nicht vergessen und sie wollte auf keinen Fall noch mehr Zeit verlieren.
In diesem Augenblick tauchte ein riesiger Schatten auf, der ziemlich schnell über unsere Freunde hinweghuschte. Alle duckten sich instinktiv, und als die Abenteurer wieder aufblickten, erkannten sie Amira, die gerade auf einem Ast ganz in ihrer Nähe gelandet war.
»Da seid Ihr ja endlich!«, rief die Adlerdame erleichtert. »Habt Ihr etwas von Don Carlos gehört?«
Öseblöm schüttelte den Kopf.
»Leider nein«, sagte er.
»Das stimmt nicht!«, widersprach das Schäfchen Marie. »Wir wissen, dass Don Carlos hier in der Höhle war.«
»Und wo ist er jetzt?«, forschte Amira nach.
»Das wissen wir nicht«, antwortete Marie.
»Na ja«, wandte nun Kalle ein. »Genaugenommen wissen wir natürlich nicht, ob Don Carlos hier in der Höhle war. Selbst Marie hat dies nicht mit eigenen Augen gesehen.«
»Was hast Du dann gesehen?«, fragte Amira, der es schwerfiel, sich in Geduld zu üben.
»Ich habe gesehen, wie Don Carlos mit letzter Kraft in Richtung Höhle geflogen ist. Deshalb bin ich ihm sofort gefolgt, so schnell es eben ging. Aber der unsägliche Busch hat mich nicht in die Höhle gelassen, sondern wie einen Sträfling gefangen gehalten!«
»Was sagt denn das Lichtervolk dazu?«, bohrte Amira weiter nach. »Der alte Don Carlos kann doch nicht einfach unbemerkt in die Höhle kommen.«
»Wir haben niemanden in der Höhle angetroffen«, erklärte nun Öseblöm. »Die Höhle ist leer. Wie es scheint, hat das Lichtvolk seine Heimat verlassen.« – In diesem Moment warf Amira einen Blick auf unseren Dralle. »Hast Du auch ein Halstuch von Öseblöm?«, fragte sie. »Gib es ihm zurück, dann passen Dir auch Deine Hosen wieder …« – Dralle oder Ralle schüttelte nur den Kopf. »Nein«, sagte er. »Ich habe kein Halstuch von Öseblöm. Ich habe keine Hose. Das ist alles.« – »Und wieso läufst Du hier ohne Hose rum?«, staunte Amira, die sich keinen Reim auf all die Neuigkeiten machen konnte.
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«