… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 197

Der Gürtel

»Es ist soweit! Seid Ihr bereit?«

Dann wollen wir keine Zeit verlieren und sofort mit der nächsten Geschichte beginnen. Ihr seid wirklich schon im Bett? Ihr solltet Eure Augen erst schließen, wenn Ihr unter Eurer Decke liegt, sonst stolpert Ihr noch durchs Zimmer. Also, jetzt bitte Augen zu und Ohren auf! Wir begeben uns nun zum gläsernen Eingang der Höhle unter dem hohen Berg.

»Der aus der Hose stieg!«, wiederholte Kreszenz und konnte sich sein Lachen nicht verkneifen.

Die anderen stimmten fröhlich mit ein. Selbst Betty, das Eichhörnchen, äugte kurz aus Kalles Hemd hervor. Sie war noch immer verstimmt.

»Und das sagt ausgerechnet LEUCHTENDES AUGE …!«, rief sie laut mit einem kleinen Seitenhieb auf Kalle.

»LEUCHTENDES AUGE?«, fragte Ralle. »Wer ist LEUCHTENDES AUGE?«

»Na hier!«, piepte Betty mit ihrer zierlichen Stimme. »Er steht vor Euch. Ihr hättet ihn mal sehen sollen. Wie eine Laterne lief er durch den Zauberwald. Seine Augen leuchteten wie zwei Scheinwerfer. Und alle nannten ihn LEUCHTENDES AUGE …«

Das freudige Gelächter der Freunde wollte kein Ende nehmen. Jetzt war es an Kalle, ein klein wenig verstimmt zu sein.

»Du solltest doch nichts darüber erzählen«, murrte er mit vorwurfsvoller Miene und fügte dann mit einem Grinsen hinzu: „Aber was kann man auch anderes erwarten von TAUBES OHR …«

»Wer ist TAUBES OHR?«, wollte nun Handan wissen, der schon Tränen in den Augen hatte, vor lauter Lachen.

»Na, das ist die, die NICHTS SIEHT!«, lachte Kalle versöhnlich und erntete schallendes Gelächter.

Unser Bursche jedoch fühlte, wie sich Betty wieder verkriechen wollte. Deshalb packte er sich behutsam die Kleine und holte sie aus seinem Hemd hervor. Dann hielt er sie hoch und schaute sie mit seinen leuchtenden Augen direkt an.

Betty drehte ihren Kopf nach links. Kalle drückte ihr Köpfchen mit seinem Daumen wieder zurück. Betty drehte ihren Kopf nach rechts. Kalle schob ihr Köpfchen mit seinem anderen Daumen wieder zurück. Das Eichhörnchen konnte seinem Blick nicht mehr ausweichen.

Es kehrte Stille ein und alle folgten aufmerksam Kalles Worten:

»Liebste kleine Freundin«, begann er mit ernster Stimme. »Du hast meinem besten Freund Öseblöm das Leben gerettet. Blind für alle Gefahren und taub für alle Warnungen hast Du Dich in große Gefahr begeben. Wenn DU einen Namen verdient hast, dann ist es MUTIGES HERZ!«

Das kleine Eichhörnchen hatte nun seinerseits Tränen in den Augen. Tränen vor Rührung. Mit ihren kleinen Pfötchen fiel sie dem Burschen um den Hals.

»Du bist ein wahrer Freund«, sagte sie.

»Das seid ihr alle …«, ertönte es im feinen Singsang aus der Höhle. »Aber es wird Zeit für Euch.«

»Weißt Du, wo Don Carlos ist?«, fragte Öseblöm.

Kasran nickte nur und sein Gesicht strahlte und glitzerte in allen Regenbogenfarben.

»Euer Freund fand in seiner Not den Weg zu uns und wir haben ihm geholfen.«

»Ist Don Carlos wieder gesund?«, wollte Amira wissen.

»Nein, das nicht«, erwiderte Kasran. »Er ließ es nicht zu.«

»Und wo ist er jetzt?«, fragte nun Handan, der es nicht mehr aushielt, noch länger zu warten.

»Wir brachten ihn zur Veranda der fünf Burschen«, erklärte Kasran.

»Also müssen wir wieder zurück«, seufzte Handan. Der Gedanke, wieder auf allen Vieren durch diese Höhle zu kriechen, schauderte ihn.

»Das geht nicht«, widersprach Amira. Sie saß noch immer aufgeplustert auf Ralles Arm und fühlte sich offensichtlich ziemlich wohl.

»Wieso geht das nicht?«, wunderte sich Kreszenz.

»Wir sind noch immer ohne Hose«, erklärte Amira.

»Wir?«, wiederholte Kreszenz nachdenklich.

»Ja, schau uns nur an«, antwortete Amira und deutete mit ihrem Kopf nach unten.

Ralle und Amira gaben tatsächlich ein seltsames Bild. Mit der einen Hand hielt der Bursche seine Hose fest, die ihm zweifellos keine guten Dienste mehr erbringen würde. Den anderen Arm jedoch hielt er weit ausgestreckt, darauf saß ganz majestätisch die Adlerdame Amira.

»Ich habe eine Idee!«, rief Kalle. Er hatte die ganze Zeit schon darüber nachgedacht, wie er seinem Freund helfen könnte.

»Was Du brauchst, ist ein Gürtel.« – »Er hat ja einen Gürtel«, wandte Kreszenz ein. »Aber der taugt nicht mehr. Und ohne Lederwerkzeug …« – »Ich weiß, ich weiß«, unterbrach ihn Kalle. »Aber ich habe ja gesagt, ich habe eine Idee.« – Der Bursche griff nach seinem Seil. – »Dein Seil ist doch viel zu lang«, zweifelte Kreszenz und schüttelte seinen Kopf. »Willst Du es etwa durchschneiden?« – Kalle stutzte. Kreszenz hatte recht. »Und was nun?«, fragte er. – Kreszenz öffnete seine Gürtelschnalle und zog seinen Gürtel aus der Hose. »Nimm meinen Gürtel«, schlug er vor. »Der sollte passen …«

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«