Die Idee
»Ich hoffe, Ihr hattet einen wirklich schönen Tag!«
Dann habt Ihr hier und jetzt eine wunderbare Gelegenheit, diesen Tag mit einer spannenden Gutenachtgeschichte zu beenden. Aber zuvor müsst Ihr noch Euren Teil dazu beitragen. Schlüpft also ganz rasch unter Eure Decke und macht es Euch in Eurem Bett so richtig gemütlich. Nun schließt bitte Eure Augen und spitzt Eure Ohren, denn unser Ralle lässt gerade alle staunen …
Kreszenz hatte keine Schwierigkeiten, so ohne Gürtel. Seine Hose saß wie angegossen. Ralle hingegen musste immer wieder seine nun viel zu große Hose hochziehen. Er hatte das Gefühl in einem großen Kartoffelsack zu stecken.
In diesem Augenblick bemerkten die anderen Burschen Ralles Veränderung!
»Was ist denn mit Dralle passiert?«, fragte Balthasar völlig entgeistert.
Malle und Mallewutz klappte vor lauter Staunen sogar der Unterkiefer herunter.
»Wir heißen nicht Dralle!«, meldete sich nun Amira zu Wort, breitete kurz ihre Flügel aus und hüpfte mit einem Satz auf Ralles Arm.
»Wie mir scheint, ist sehr viel geschehen, während ihr unterwegs ward«, stellte nun Dalin fest und fütterte Don Carlos wieder mit einem Löffel Suppe.
Herr Öseblöm jedoch fand, dass dies der passende Zeitpunkt war, allen den neuen Namen ihres alten Freundes mitzuteilen. Deshalb erhob er sich feierlich, deutete mit einer Hand auf Ralle, verbeugte sich tief und sagte: »Darf ich vorstellen, unser alter Freund mit neuem Namen … Ralle!«
Auch Amira verneigte sich kaum merkbar. Sie war aber sichtlich stolz auf IHREN neuen Freund.
Die anderen Burschen blickten noch immer sprachlos zu Dralle, der jetzt Ralle hieß.
»Dann heiße ich wohl ab jetzt, DRALTHSAR, oder wie?«, brummte der kleine Balthasar. Er schien ganz und gar nicht erbaut von der Vorstellung, dass sein Freund Dralle nun einen anderen Namen hatte.
Ralle schritt auf seinen kleinen Freund zu und nahm ihn in den Arm. Dabei ließ er natürlich seine Hose los, was er vielleicht besser nicht gemacht hätte, denn die Hose rutschte, trotz Gürtel, einfach nach unten. Amira war so überrascht, dass sie gleich wieder auf ihren Platz am Verandageländer hüpfte.
»Oh je, oh je, Deine Hose!«, rief Mallewutz.
»Und mein Gürtel!«, ergänzte Kreszenz.
»Hose hin, Gürtel her!«, mischte sich nun die kleine Betty ein, die mittlerweile ganz aufgeregt auf dem Tisch hin und her sprang. »Das hilft unserem Don Carlos leider überhaupt nicht.«
»Da hast Du leider recht«, entgegnete Öseblöm und strich sich nachdenklich sein Kinn.
Währenddessen rannte Ralle in sein Zimmer, mit einer Hand hielt er sich seine Boxershorts, mit der anderen durchwühlte er seinen Kleiderschrank.
»Irgendwo muss es doch noch eine alte Hose geben, die mir früher einmal gepasst hatte«, dachte er laut.
»Kann ich Dir helfen?«, fragte Kreszenz, der seinem Freund rasch gefolgt war.
»Ich habe nichts mehr anzuziehen«, beklagte sich Ralle und deutete auf seinen nicht mehr vorhandenen Bauch.
Kreszenz betrachtete nachdenklich seinen Freund.
»Da kommt mir eine Idee …«, lächelte er plötzlich, drehte sich um und verschwand.
»Ich bin gleich wieder zurück«, rief er noch. »Vielleicht passt Dir ja eine meiner Hosen. Ich bringe Dir eine mit!«
Mit diesen Worten flog er bereits die Verandatreppe herunter, schnurstracks auf den Riesen von Wurzelbruck zu. Wild gestikulierend gab er Handan ein Zeichen, dass er ihm etwas ins Ohr flüstern wollte. Der Riese packte sich vorsichtig den jungen Burschen und hob ihn auf seine Schulter.
Kreszenz erzählte voller Aufregung dem Riesen von seiner Idee.
Handan lächelte. »Du hast recht, mein Freund. Das könnte klappen.«
Mit diesen Worten erhob er sich und wollte sich zusammen mit Kreszenz auf den Weg machen.
»Halt, halt mein Freund!«, rief Öseblöm, der als einziger das Geschehen mitverfolgt hatte.
Bei dem Trubel auf der Veranda war das auch kein Wunder. Ein Suppe löffelnder Zwerg, ein fast verhungerter Adler, ein Junge ohne Hose, ein aufgeregtes Eichhörnchen und ein Balthasar, der ernsthaft darüber nachdachte, ob er sich ab jetzt »Dralthasar« nennen sollte, schließlich musste das »D« von »Dralle« doch irgendwie gerettet werden …
Jeder war so sehr mit all den Aufregungen beschäftigt, dass erst jetzt alle den aufrechtstehenden Riesen bemerkten.
»Wir sind bald wieder da«, erklärte Handan. »Wir haben da eine Idee, weißt Du?«
»Wir?«, fragte Kreszenz.
»Eine Idee?«, wollte Öseblöm wissen.
»„Ja, ganz genau«, antwortete Handan. »Wir holen jetzt eine Hose für Ralle und dann haben WIR da noch eine Idee. Macht Euch keine Sorgen, wir sind bald zurück.« – Mit diesen Worten verließen Handan und Kreszenz das Burschenhaus. Zurück blieben unsere Freunde mit sorgenvollem Blick.
Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«