Gute Idee
»Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag?!«
Dann ist dies jetzt eine gute Gelegenheit, den Tag mit einem schönen Abend zu beenden. Die nächste Gutenachtgeschichte wartet auf Euch. Seid Ihr bereit? Dann schließt nun Eure Augen und macht Eure Ohren ganz weit auf. Ach ja, wenn Ihr schon dabei seid, so könnt Ihr die Tür zu Euren Herzen ebenfalls öffnen, denn unsere Freunde brauchen gerade jede Unterstützung, die sie bekommen können.
Auch Kreszenz war verblüfft, denn er hatte noch gar nicht über seine Idee gesprochen. Anton Rums aber verstand sofort.
»Ich denke,« sagte er, »wir sollten Don Carlos zu uns nehmen.«
»Au ja!«, rief Pimpi begeistert.
»Das war doch UNSERE Idee«, bemerkte Handan.
»Mag sein«, entgegnete Bauer Rums. »Aber es ist immer noch MEIN Bauernhof.«
»UNSER Hof, mein Schatz«, korrigierte Miriam Rums.
»Und MEINER auch«, sagte Pimpinelle. »Das ist hier MEIN zuhause!«
»Ist ja gut.« Der Bauer hob beschwichtigend seine Hände. »Wir sollten keine Zeit mehr verlieren.«
So machten sich unsere Freunde auf den Weg zum Burschenhaus. Um schneller voranzukommen, nahm Handan den Bauern mit auf seiner linken Schulter. Die kleine Pimpinelle durfte neben Kreszenz auf der anderen Schulter sitzen. Sie freute sich über dieses Abenteuer.
Mama Rums hingegen blieb auf dem Hof zurück und bereitete ein großes Nest für den Gast. Sie hoffte inständig, dass es noch nicht zu spät war.
***
Auf der Veranda des Burschenhauses saßen die Freunde am Tisch und genossen das Essen, welches Dalin mal wieder auf den Tisch gezaubert hatte. Langsam erholten sie sich von der anstrengenden Reise. Don Carlos lag auf dem Schaukelstuhl und schlief. Die Suppe hatte ein bisschen geholfen. Ein Hoffnungsschimmer für die Abenteurer.
»Was für eine Idee mag das wohl sein?«, fragte Balthasar nachdenklich.
»Das werden wir wohl bald erfahren«, lächelte Öseblöm und deutete mit seinem Kopf in Richtung der Nachbarhäuser. Dort konnte man bereits über den Dächern den Riesen von Wurzelbruck sehen, wie er ganz vorsichtig auf Zehenspitzen durch die Gassen schlich.
»Wen trägt er denn da auf seiner Schulter?«, fragte Kalle und kniff seine Augen zusammen.
»Na wen wohl?«, murrte Balthasar. »Kreszenz natürlich!« Tatsächlich konnte Balthasar überhaupt nichts erkennen. Der jüngste der fünf Burschen war einfach noch zu klein.
Trotz der allgemeinen Aufregung auf der Veranda, bemerkte Öseblöm, was seinen kleinen Freund bewegte. Er nahm ihn beiseite, legte ihm eine Hand auf die Schulter und flüsterte: »Du hast ein großes Herz, mein Freund. Deshalb spüre hin und verlasse Dich auf das, was Du fühlst, nicht was Du siehst. Deine Augen kann man täuschen, nicht aber Dein Herz.«
Der kleine Balthasar war ziemlich überrascht ob dieser unerwarteten Worte. Amira, die mächtige Adlerdame, betrachtete ebenfalls den jungen Burschen mit einem prüfenden Blick. Sie hatte mit ihren Adleraugen schon lange vor allen anderen erkannt, wer alles auf den Schultern des Riesen saß. Aber sie schwieg.
»Es ist Bauer Rums!«, hörte sich plötzlich Balthasar erstaunt rufen. »Und seine Tochter Pimpinelle. Sie kommen, um Don Carlos zu sich zu holen.« Der junge Bursche stellte verwirrt fest, dass er sich absolut sicher war.
»Bravo, alter Freund«, flüsterte Öseblöm und lächelte auf seine geheimnisvolle Weise.
Mittlerweile erreichte der Riese von Wurzelbruck das Burschenhaus und stand nun vor der Veranda. Behutsam packte er sich Bauer Rums und setzte ihn auf den Verandastufen ab. Pimpi und Kreszenz warteten, bis sich der Riese gesetzt hatte. Dann sprangen auch sie herunter.
»War DAS Eure Idee?«, fragte Kalle sichtlich enttäuscht. Der junge Abenteurer war heute ein wenig begriffsstutzig. »Was sollte Bauer Rums können, was sie nicht konnten?«, dachte er sich.
Im Gegensatz zu Kalle verstanden die anderen sehr schnell.
»Das ist eine ausgezeichnete Idee!«, lobte Dalin und zauberte mit seinen Worten ein strahlendes Lächeln auf Kreszenzs Gesicht.
»Danke«, meinte Kreszenz. »Aber das Lob gebührt nicht mir allein. Handan hat daran genauso seinen Anteil. Hoffen wir, dass es nicht zu spät ist.«
»Das hoffe ich allerdings auch«, sagte Bauer Rums und begrüßte die Freunde auf der Veranda.
Ohne zu zögern ging er zum Schaukelstuhl und betrachtete den einst mächtigen Adler vom hohen Berg. Erbärmlich abgemagert sah er aus, kaum noch Federn, nur noch Haut und Knochen.
»Und wie willst Du ihm helfen?«, fragte Kalle, der immer noch nicht verstand.
»Na, ich denke dieser Adler muss fressen. Und was ihm fehlt ist Fleisch. Fleisch aber haben wir genug auf unserem Bauernhof. Wir könnten ihn damit füttern.«
»Das ist eine gute Idee«, stimmte nun auch unser Kalle zu. »Ihr solltet nur dafür sorgen, dass Don Carlos nicht mit Eurem Vieh redet.« – »Das dürfte kein Problem sein«, erklärte Bauer Rums und deutete auf das fehlende Halstuch. »Aber brauchen wir nicht das Halstuch, um mit dem Adler reden zu können?« – »Nein«, sagte Öseblöm. »Ihr braucht kein Halstuch. Don Carlos versteht euch auch so. Er hat das Halstuch schon viel zu lange getragen. Mein Halstuch ist jetzt für einen anderen bestimmt.«
Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«