Große Aufregung
»Hattet Ihr einen schönen Tag?«
Ich wünsche es Euch. Aber ganz gleich, wie Euer Tag auch verlaufen sein mag, jetzt beenden wir diesen Tag mit einer hervorragenden Gutenachtgeschichte. Seid Ihr schon bereit? Dann schlüpft unter Eure Decke und macht es Euch richtig gemütlich. Nun schließt bitte die Augen und spitzt Eure Ohren, denn auf der Veranda unserer fünf Burschen ist die Aufregung gerade ziemlich groß …
»Malle?! Du Glücklicher!«, murmelte Mallewutz und zog sich innerlich ein bisschen zurück.
»Malle!«, riefen die anderen wie aus einem Mund.
Selbst Dalin, der als Zwerg glaubte, dass ihn nichts mehr überraschen könnte, zog erstaunt seine Augenbrauen in die Höhe.
»So schnell hättest Du Dich auch nicht entscheiden müssen«, brummelte er. Offensichtlich konnt er Öseblöms Entscheidung nicht verstehen.
Unser Wanderer jedoch saß einfach nur da und grinste. Öseblöm wusste sehr genau, was er tat. Diesmal war er sich sicher, sehr sicher sogar.
Der junge Malle hingegen saß bass erstaunt auf seinem Platz und konnte es nicht fassen. Er konnte auch keinen Unterschied ausmachen. Irgendwie fühlte sich alles ganz normal an, wie immer.
»Und nun?«, fragte er. »Bist Du Dir wirklich sicher?«
Die kleine Betty kam zu ihm auf die Schulter gehüpft.
»Wir können es ja einmal ausprobieren«, schlug sie vor. »Lass uns einige Schritte spazieren gehen, weit genug weg von der Veranda und von Öseblöm. Wenn Du mich dann noch verstehen kannst …«
Unser Öseblöm nickte Malle aufmunternd zu.
»Na geht schon«, sagte er. »Das ist eine gute Idee. Du solltest Dich mit dem Tuch vertraut machen.«
»Wir wünschen Dir viel Glück damit«, sagte Amira und drückte sich an »ihren« Ralle.
»Malle schafft das schon«, beruhigte Ralle seine neue Freundin. Sanft strich er der Adlerdame über ihren Nacken und kraulte sie ein wenig.
»Ich hoffe ja, dass Don Carlos wieder auf die Beine kommt«, meldete sich die kleine Marie zu Wort. Das Schäfchen fühlte sich ein bisschen verloren zwischen all den großen Abenteurern. »Ich denke, ich hätte so ein Halstuch auch ganz gut gebrauchen können …«
»Es ist entschieden!«, sagte plötzlich Balthasar mit fester Stimme. »Und es ist gut so.«
Öseblöm lächelte, als er dies hörte. Ihm war nicht entgangen, dass der kleinste der Burschen eine große Wandlung vollzog. Auch aus Balthasar würde ein großer Abenteurer, daran hatte unser Wanderer nicht den geringsten Zweifel.
Bei all der Aufregung auf der Veranda und dem Trubel der vielen Stimmen, war es keinem aufgefallen, dass sich Mallewutz still und leise in sein Zimmer zurückgezogen hatte. Traurig lag der Kleine auf seinem Bett und dachte an das Halstuch. Wie gerne hätte er es doch getragen.
»Und wie geht es nun weiter?«, fragte Kalle, den es bereits nach neuen Abenteuern brannte.
»Ich denke, die Kleinen werden wieder zur Schule gehen und Ihr solltet Euch an die Arbeit machen«, antwortete Öseblöm. »Für Don Carlos ist erst mal gesorgt. Mehr können wir im Augenblick sowieso nicht für ihn tun. Und unsere Gäste machen sich morgen vermutlich auf den Heimweg. Schließlich macht es keinen Sinn, wenn wir hier alle zusammen warten.«
»So soll es sein«, sagte Dalin, stand auf und warf unserem Kalle einen prüfenden Blick zu.
Kalle blickte Dalin fragend an.
»Hast Du nicht etwas vergessen?«, fragte der Zwerg und deutete mit seinem Kopf Richtung Öseblöm.
Das Fragezeichen auf Kalles Stirn wurde immer größer. Unser Wanderer hingegen musterte seinen Freund und schwieg.
»Was sollte ich vergessen haben?«, wunderte sich Kalle, der immer noch nicht verstand.
»Natürlich gehe ich morgen zur Arbeit, wohin sollte ich auch sonst gehen. Oder glaubst Du, ich lasse Malle und Ralle allein auf dem Feld schuften?«
Nun schaute auch Amira mit ernster Miene drein.
»Was?!«, rief Kalle. »Ich verstehe nicht.«
»Er hat es vergessen«, stellte die Adlerdame fest. »Er hat es tatsächlich vergessen.«
»Vielleicht will er aber auch nur nicht daran denken?«, hieb Ralle jetzt in die gleiche Kerbe. »Meinst Du, er macht das mit Absicht …?«
»Nein, er macht das nicht mit Absicht«, mischte sich Balthasar ein. »Sie machen das mit Absicht …«
»Interessant«, murmelte Dalin.
Unser Kalle fühlte sich von Mal zu Mal immer unwohler in seiner Haut. Was ging hier vor? Was sollte er vergessen haben, ob mit oder ohne Absicht? Der Bursche wusste nicht im Ansatz, wovon seine Freunde da sprachen.
»Vielleicht macht IHNEN ja die Feldarbeit Spaß …«, murmelte Balthasar. Er sprach ganz offensichtlich nicht mit Kalle. Wie um seine Unschuld zu bekräftigen, stampfte Kalle mit beiden Füßen kräftig auf den Boden, allerdings ungewollt! Danach folgte ein Geklapper, wie bei einem Flamenco-Tanz. Jetzt verstand der Bursche, worauf seine Freunde anspielten. Die Wanderstiefel …, er hatte sich schon so sehr daran gewöhnt. Aber wie konnte er das nur »vergessen«? Natürlich war das keine Absicht …
Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«