… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 219

Überraschung

»Seid Ihr bereit? Es ist soweit! «

Wollt Ihr wissen, wie es weiter geht? Dann solltet Ihr schleunigst in Euer Bett. Schlüpft also schnell unter Eure Decke; macht es Euch wieder so richtig gemütlich und schließt ganz fest Eure Augen. Nun spitzt Eure Ohren und passt gut auf, denn auf der Veranda wartet eine handfeste Überraschung auf unsere fünf Burschen. Genaugenommen auf einen der fünf Burschen; aber der Reihe nach …

»Zwei Jahre?«, wiederholte Kalle fassungslos. »Das ist ja furchtbar!«

»Dann findet Öseblöm ja nie seine Eltern«, stellte Kreszenz enttäuscht fest. »Ohne Stiefel ist das einfach unmöglich.«

»Für solche Stiefel würde ich sogar noch länger warten, wenn ich denn welche bekäme«, erklärte Öseblöm und brachte damit den Gedanken wieder auf das »Ob« dieser Angelegenheit.

»Aber Du hattest ja schon Wanderstiefel«, bemerkte Balthasar. »Wie kann es überhaupt sein, dass die Stiefel so ein Theater machen? Ist das bei Handans Stiefel auch so?«

Der Riese von Wurzelbruck schüttelte indes seinen Kopf.

»Meine Stiefel gehorchen mir aufs Wort«, erklärte Handan. »Und sie folgen mir auf Schritt und Tritt. Auch sind sie noch niemals weggelaufen.«

»Können Deine Stiefel denn auch so einen Sandsturm erzeugen?«, fragte Malle den Riesen.

Handan zuckte nur mit den Schultern.

»Ganz ehrlich?«, sagte er. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«

»Aber wenn Deine Stiefel Dir gehorchen,« dachte Balthasar laut nach, »wieso gehorchen dann Öseblöms Stiefel nicht?«

»Weil ich die Stiefel nicht vom Stiefelmacher habe«, erklärte Öseblöm. »Sondern von Handan.«

»Als meine Stiefel mir zu klein wurden,« fuhr Handan fort, »bat ich den Stiefelmacher um ein neues Paar Stiefel. Die erhielt ich schließlich auch. Als ich mein altes Paar zurückgeben wollte, drehte mir der Stiefelmacher einfach seinen Rücken zu. Er wollte sie einfach nicht zurück.«

»Immer nur eins für einen, niemals zwei«, murmelte Dalin gedankenverloren vor sich hin.

Handan nickte zustimmend. »Deshalb wunderten mich auch seine Worte beim Abschied«, meinte er.

»Was hat er denn gesagt, der Stiefelmacher?«, fragte Balthasar.

»Ihr werdet sie brauchen, Ihr werdet sie brauchen«, antwortete Handan.

Die Worte lösten eine nachdenkliche Stille aus. Unsere Freunde dachten darüber nach. Bis der kleine Balthasar schließlich das Schweigen brach.

»Kennt der Stiefelmacher etwa unsere Zukunft? Ich meine, ist er vielleicht auch noch ein Hellseher?«

»Die meisten Menschen wissen nicht einmal, dass es ihn gibt«, erklärte Öseblöm. »Und ob er wirklich die Zukunft voraussehen kann, wer weiß das schon?«

»Dann hast Du also zwei Jahre auf Deine neuen Stiefel gewartet?«, wollte Balthasar vom Riesen wissen. Der kleine Bursche folgte unbeirrt einer Spur.

Handan schüttelte erneut seinen Kopf: »Nein.«

»Wie; nein; einfach nur nein?« Der jüngste der fünf Burschen wurde ungeduldig. »Wie lange musstest Du denn auf Deine neuen Stiefel warten?«

»Ich musste überhaupt nicht warten«, antwortete der Riese von Wurzelbruck. »Als ich ihn aufsuchte, waren meine neuen Stiefel bereits fertig.«

Vielleicht könnt Ihr Euch vorstellen, wie verblüfft die Abenteurer waren, als sie diese Nachricht hörten!

»Aber das würde ja bedeuten …«, begann Malle.

»… dass der Stiefelmacher schon zwei Jahre zuvor wusste, dass Handan kommen würde!«, stellte Kalle fest.

»Wie kann so etwas sein?«, platzte Kreszenz dazwischen. Der Sohn des Bürgermeisters kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

»Das meinte ich nicht«, beschwerte sich Malle darüber, von Kalle unterbrochen worden zu sein.

»Was meintest Du dann?«, fragte Kalle ganz verwundert.

»Das würde ja bedeuten …«, wiederholte Malle. »Dass vielleicht auch seine Stiefel schon fertig sind, wenn Öseblöm zum Stiefelmacher kommt!«

Kalle sprang auf: »Wann starten wir?«

»Morgen«, antwortete Dalin. »Morgen früh, gleich nach dem Frühstück.«

Öseblöm grinste, als er das hörte; denn er hatte verstanden, was Dalin vorhatte. Kalle schaute ein bisschen verdattert zum Zwerg herüber. »Äh«, zu mehr war der Bursche nicht fähig.

»Du kommst mit mir zum Dorf der tausend Mühlen«, erklärte Dalin. »Aber freu Dich nicht zu früh; Du musst mich nämlich tragen!«

»Tragen?«, wiederholte Kalle. Der abenteuerlustige Bursche schien gar nichts zu verstehen. – »Schau, mein Freund«, erklärte Dalin. »Allein wäre ich viel zu lange unterwegs und ob Du es mir nun glaubst oder nicht, aber ich lasse meine Freunde nicht im Stich.« –  Unser Öseblöm nickte dem Zwerg kurz zu und bedankte sich still.

Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«