… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 222

Ein neuer Morgen

»Seid Ihr bereit? Es ist soweit!«

Unsere Freunde warten schon auf Euch. Also macht es Euch wieder in Eurem Bett so richtig gemütlich. Ihr wisst ja, der beste Ort für eine schöne Gutenachtgeschichte ist ein kuscheliges Bett. Daher deckt Euch gut zu; schließt Eure Augen, öffnet Eure Ohren und passt gut auf, denn jetzt starten wir in ein neues Abenteuer unserer Freunde und beginnen, wie immer, auf der Veranda der fünf Burschen.

An diesem Morgen war alles anders. Als Dalin aufstand, waren Mallewutz und Balthasar bereits damit beschäftigt, den Frühstückstisch zu decken, und Herr Öseblöm stand ebenfalls startklar auf der Veranda. Nachdenklich sah er, wie die ersten Sonnenstrahlen die Veranda erreichten und der Himmel sich mehr und mehr vom dunklen Nachtblau verabschiedete.

Herr Öseblöm, der Wanderer aus einem fernen Dorf, war tatsächlich aufgeregt. Zwar kannte er keine Angst, aber heute war er aufgeregt, wie ein kleiner Junge. Im Grunde fühlte er sich auch noch wie ein kleiner Junge, ein Junge, der endlich seine Eltern wiedersehen wollte.

»Guten Morgen«, brummte Dalin, als er feststellte, dass es für ihn nicht mehr viel zu tun gab.

»Guten Morgen«, antworteten die Burschen und klapperten weiter mit dem Geschirr.

Öseblöm drehte sich nur kurz um, begrüßte den Zwerg und wandte sich dann wieder der aufgehenden Sonne zu. Dalin trat langsam heran.

»Du wirst sie finden, mein Freund«, sagte er. »Ich bin ganz sicher!«

Öseblöm blickte kurz herüber und nickte nur: »Ich hoffe, Du hast recht.«

Langsam wurde es voll auf der Veranda. Einer nach dem anderen tauchte auf und freute sich bereits auf das gemeinsame Frühstück.

»Ein schöner Morgen, findet Ihr nicht?« Kalle war ausgesprochen gut gelaunt. Er hatte zum ersten Mal die Wanderstiefel in seinem Zimmer gehabt. Tatsächlich konnte er sie ganz normal abstellen, wie es eigentlich für Schuhe und Stiefel üblich ist. Kein auf den Kopf stellen oder Ähnliches; Dix und Dax schnurrten wie zwei brave Kätzchen und Kalle begriff allmählich, was dies für ihn bedeutete.

»Nun bist Du wohl ein richtiger Abenteurer«, stelle Ralle fest, aber es hätte genausogut Amira sein können, die auf seiner Schulter saß. Die beiden schienen unzertrennlich.

»Ihr aber offenbar auch«, antwortete Kalle und grinste. Er hatte plötzlich verstanden, was die beiden miteinander verband. Für einen kurzen Augenblick konnte er es erahnen, ja sogar ein kleines bisschen mitfühlen.

»Lasst uns frühstücken«, schlug Dalin vor. »Ich möchte heute Abend wieder zurück sein!«

»So schnell werden wir vermutlich nicht sein«, stellte Handan fest, der sich hinter dem Haus ein wenig frisch gemacht hatte und nun von oben zu seinen Freunden auf der Veranda herunterschaute.

»Bist Du sicher, dass wir schon heute Abend zurück sind?«, fragte Kalle.

»Nun, ich suche nach etwas ganz bestimmtem«, erklärte der Zwerg. »Dazu muss ich nicht die ganze Chronik lesen.«

»Falls man sie euch lesen lässt …«, murmelte Mallewutz und frühstückte weiter. Ihm fiel durchaus auf, dass niemand diese Bemerkung beachtete; bis auf Öseblöm vielleicht. Der Wanderer zwinkerte ihm verständnisvoll zu.

»Ich bin auf jeden Fall noch heute Abend zurück«, stellte Amira fest.

»Ja, leider«, sagte das Eichhörnchen und blickte ganz betrübt drein. Die kleine Betty wollte noch nicht nach Hause, gleichwohl sie ihre Freunde im Wald schon vermisste.

»Werden wir uns denn wiedersehen?«, fragte sie.

»Ganz bestimmt!«, sagte Öseblöm mit einer Überzeugung in der Stimme, die alle aufschauen ließ. »Unser Abenteuer ist noch lange nicht zu Ende.«

»Das fürchten wir auch«, murmelte Ralle und streichelte Amira an ihren Bauchfedern. Die beiden waren sehr vertraut miteinander; die mächtige Adlerdame schien auf der Schulter des Burschen wie verwandelt. Unsere Freunde hatten sich jedoch schnell daran gewöhnt.

»Es ist Zeit«, sagte Dalin und gab damit das Signal zum Aufbruch.

Kalle packte sich noch sein Seil; vorsichtshalber, schließlich konnte man ja nie wissen, wozu man so ein Seil noch brauchen würde. Anschließend kletterte Dalin auf die Schultern des Burschen und schon konnte die erste Gruppe starten.

»Bis heute Abend!«, rief Dalin und winkte den Freunden noch einmal zu. Dix und Dax hingegen trugen ihren neuen Besitzer mit einer Leichtigkeit, die Kalle in tiefes Staunen versetzte. Es war ihm, als trüge er die Stiefel zum ersten Mal. Nach wenigen Augenblicken waren Kalle und Dalin außer Sichtweite. Lediglich eine aufgewirbelte Staubwolke, die sich langsam zu Boden senkte, erinnerte für kurze Zeit an die beiden Abenteurer.

»Wir sollten jetzt starten«, meinte nun Amira.

Die kleine Betty hockte sich auf den Tisch und zog ihr kleines Köpfchen ein.

»Du brauchst keine Angst haben, liebste Freundin«, sagte Amira, breitete ihre mächtigen Flügel aus und sprang mit einem Satz auf den Tisch.

»Liebste Freundin?«, dachte Betty. »Hat sie wirklich liebste Freundin gesagt?« – »Genau das hat sie gesagt«, bestätigte Ralle und fügte hinzu: »Und das meint sie auch so!« – Trotz ihres gefährlich aussehenden Schnabels schien die Adlerdame wirklich zu lächeln. Dann packte Amira ganz behutsam das kleine Eichhörnchen und schwang sich mit ihr in die Lüfte, immer höher und höher.

Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«