… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Home 9 Gutenachtgeschichten 9 Jahr-01 9 Episode 244

Geduld

»Es ist soweit! Seid Ihr bereit?«

Der Tag neigt sich dem Ende und wir wollen ihn mit einer weiteren Geschichte beschließen. Hüpft also wieder ganz schnell in Euer Bett und deckt Euch gut zu. Jetzt heißt es wieder: Augen zu und Ohren ganz weit auf! Habt Ihr es Euch auch so richtig gemütlich gemacht? Dann können wir uns sogleich zu unseren Freunden am Fuße des hohen Berges begeben.

»Was redet Ihr da?«, fragte Handan und kratzte sich am Hinterkopf. »Wir müssen also wieder zurück. Doch ich bin ziemlich sicher, dass wir nichts vergessen haben.«

»Du hast nicht ganz verstanden«, versuchte Öseblöm zu erklären.

»Nein, er hat nicht ganz zugehört«, beschwerte sich Amira.

»Doch, ich habe zugehört!«

Jetzt wurde der Riese unwirsch. »Wir haben etwas vergessen und deshalb soll ich froh sein, wenn ich auf der Veranda bin …?«

»Er hat nicht zugehört«, stellte nun auch Herr Öseblöm mit einem Lächeln fest.

»Also; wenn Dalin sagt, dass wir noch einmal mit Erik reden müssen, dann sollten wir zurück. Da aber Erik mir erzählte, dass er mit der Herde nach Süden ziehen würde, müssten Handan und ich viel länger nach ihnen suchen. Fliege ich aber mit Amira, so können wir die Schafherde viel schneller aufspüren.«

Jetzt verstand auch Amira, warum sie mit Öseblöm zurückfliegen sollte.

»Das bedeutet, ich gehe allein ins Dorf und suche nach dem Stiefelmacher?«

Handan fand »Warten« überhaupt nicht prickelnd und so überlegte er bereits, wie er es anstellen könnte, den Stiefelmacher zu finden.

»Nein, nein!«, rief Amira. »Ralle sagt, ihr dürft auf keinen Fall vorher ins Dorf.«

»Das sind ja wunderbare Aussichten«, brummte Handan und suchte sich ein schattiges Plätzchen zum Ausruhen.

»Lass uns keine Zeit verlieren«, schlug Öseblöm vor, kletterte auf Amiras Rücken und gab seiner Freundin das Zeichen zum Start.

Augenblicklich breitete die Adlerdame ihre mächtigen Flügel aus und mit zwei, drei kräftigen Schlägen hoben sie ab und stiegen rasch in die Höhe.

Der Riese aus Wurzelbruck hingegen hatte es sich unter einem kleinen Apfelbaum gemütlich gemacht. Er winkte seinen Freunden kurz zu und lehnte sich rücklings an den noch jungen Baum. Nach kurzer Zeit waren Amira und Öseblöm nur noch als kleiner dunkler Punkt am Himmel zu erkennen.

Zur gleichen Zeit machte sich auf der Veranda unserer fünf Burschen Erleichterung breit.

»Das ist ja noch einmal gut gegangen«, sagte Dalin. »Auf jeden Fall werden wir bald wissen, ob man nun nach dem Stiefelmacher oder nach Smilan fragen muss.«

»Oder nach dem Kuckuck«, ergänzte Balthasar.

»Ihr seid ja immer noch hier!«, rief Kalle völlig überrascht. In diesem Augenblick fiel allen auf, dass sie die Schule völlig vergessen hatten.

»Jetzt kommen wir eh zu spät«, grinste Mallewutz und freute sich über einen schulfreien Tag.

»Das glaube ich nicht«, sagte Kalle, sprang auf, packte sich die beiden jungen Burschen unter den Arm und schwupp­di­wupp war er mit ihnen auch schon verschwunden; nur um einen Augenblick später grinsend wieder vor der Veranda zu stehen. Die Staubwolke hinter ihm war eigentlich noch auf dem Weg zur Schule …

Malle und Ralle staunten nicht schlecht und Dalin lächelte still vor sich hin. »Du bist schnell geworden, mein Freund«, sagte er. »Die Stiefel scheinen Dir wirklich vorzüglich zu passen.«

Kalle zuckte nur mit seinen Schultern. »Und wie geht es jetzt weiter?«

Dalin wandte sich an Ralle: »Sag Amira, dass Öseblöm unbedingt vorher wissen muss, nach wem er fragen soll. Sonst könnte es geschehen, dass er niemals eigene Wanderstiefel erhält.«

Und so kam es, dass Vinidi Öseblöm endlich erfuhr, warum er wirklich noch einmal zurückmusste. »War ich wieder zu schnell?«, dachte er sich. »Dabei hatte ich mir solche Mühe gegeben, langsam zu sprechen.«

»Bei Erik musst Du nicht nur langsam sprechen«, gab Amira zu bedenken. »Bei Erik solltest Du auch langsam denken.«

»Langsam denken?« Öseblöm schüttelte sich. Gründlich denken, das ließ er sich noch eingehen, aber langsam denken? Das war auch für unseren Wanderer eine echte Herausforderung.

»Du musst einfach nur Geduld haben«, sagte Amira. »Nimm Dir mich als Beispiel. Ich bin die Geduld in Person. In mir siehst Du die geduldigste Adlerdame weit und breit, vielleicht sogar der ganzen Welt!«

Öseblöm lachte laut. – »Da gibt es gar nichts zu lachen«, sagte Amira. »Ohne Geduld wirst Du bei Erik nicht weit kommen.« – »Das habe ich auch schon erkannt«, entgegnete Öseblöm und seufzte. Unsere beiden überquerten gerade die Gipfel des hohen Berges. Auch diesmal hatte der Wind, wie es schien, den Abenteurern unter die Flügel gegriffen und ihre Reise ein wenig beschleunigt.

Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«