Apfelsalat
»Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag?!«
Dann wird es jetzt Zeit, dass wir auch diesen Tag mit einer schönen Geschichte beenden. Also macht es Euch wieder so richtig gemütlich in Eurem Bett und deckt Euch gut zu. Nun schließt Eure Augen und macht Eure Ohren ganz weit auf, denn heute wollen wir uns anschauen, wie es dem Riesen Handan erging, in der Dunkelheit, die ihn umgab.
Pimpinelle und Kreszenz hatten es nicht eilig nach Hause zu kommen. Sie schlenderten noch gemeinsam ein Stück des Weges und dachten darüber nach, wie sie ihren Freunden helfen konnten.
»Könntest Du nicht Don Carlos fragen?«
Kreszenz überlegte laut, ohne seine Frage zu Ende zu führen.
»Was soll ich ihn fragen?«
»Na, nach dem Kuckucksdorf. Vielleicht kennt er ja die Bewohner? Vielleicht weiß er ja, wie man sie …«
»Wie man sie WAS?«, forderte Pimpinelle ihren Freund auf, doch endlich deutlicher zu werden.
»Ach, ich weiß auch nicht«, stellte Kreszenz resigniert fest.
»Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, wie man einen Riesen gefangen nimmt. Das dürfte doch gar nicht so einfach sein.«
Die kleine Pimpi nickte nur zustimmend.
»Wir sehen uns morgen wieder. Vielleicht erfahren wir dann schon mehr.«
Mit diesen Worten verabschiedete sich der junge Kreszenz und so gingen die beiden nun, jeder in seine eigene Richtung, nach Hause.
Genau zu dieser Zeit herrschte richtig große Aufregung im Kuckucksdorf. Auf dem zentralen Marktplatz versammelten sich seine Bewohner und berieten, was zu tun sei. Überall wurden Stimmen laut.
»Er hat einen Adler auf uns gehetzt!«, rief einer.
»Dem hab ich es gegeben!«, stellte ein anderer zufrieden fest.
»Und dann hat er unseren Apfelbaum kaputt gemacht. Mit seinem riesigen Hintern hat er sich einfach darauf gesetzt; dieser Tölpel!«
Die Bewohner waren sichtlich erbost über ihren unerwarteten Besuch.
»Dafür muss er bezahlen!« Die Stimmen wurden drohender.
»Ich habe mir schon seine Stiefel genommen«, erklärte ein zornig aussehender kleiner Wicht. Er hatte eine deutlich kleinere Statur als die anderen Bewohner.
»Willst Du Dich darin verstecken?«, witzelte eine Stimme aus der Menge.
»Die Stiefel sind viel zu groß für uns«, maulte ein anderer herum.
»Ich hab ihn geschlagen!«, protzte einer, der in der Mitte des Platzes auf einem kleinen Podest stand.
»An seinen Füßen?« Die Frage kam irgendwo aus der Menge.
»Nein, auf seinen Popo«, vermeldete der Mann und plusterte sich auf, wie ein Pfau.
»Na, da wirst Du den Riesen aber mächtig gekitzelt haben, mit Deinen kleinen Händchen.«
Man konnte nicht sehen, von wem dieser Einwand kam, aber das allgemeine Gemurmel schien ihm recht zu geben. Die Bewohner waren viel zu klein, um einen Riesen auf den Popo zu schlagen.
»Und was machen wir jetzt mit ihm? Wir können ihn doch nicht einfach da liegen lassen.«
»Da liegt er lange gut!«, rief einer. »Nur die Seile müsst ihr fester zurren. Er darf sich nicht regen, habt ihr verstanden.«
»Aber das ist doch keine Lösung«, wandte eine junge Frau ein. Ihr Lächeln wirkte irgendwie beruhigend.
»Wenn der Apfelbaum schon kaputt ist, so sollten wir wenigstens die Äpfel retten«, schlug einer vor, der sich eher am Rande der Menge aufhielt.
»Das ist eine gute Idee«, stimmten nun viele Stimmen zu. »Dann können wir wenigstens einen leckeren Apfelsalat daraus machen.«
So kam es, dass die Dorfbewohner alle gemeinsam vor die Tore des Dorfes zogen, um Äpfel zu sammeln. Handan lag derweil gefesselt, ein paar Straßen weiter entfernt, zwischen den Häusern am Boden. Ein großes, dunkles Tuch lag über seinem Kopf, sodass er nichts sehen konnte. Aber hören konnte er schon. Nur hörte er eben nicht alles, was da auf dem Marktplatz gesprochen wurde.
Auf der Veranda bereiteten sich alle auf die Nachtruhe vor. Ein letzter Abwasch, dann wollte jeder in sein Zimmer. Balthasar hatte gerade die Klinke zu seiner Zimmertür heruntergedrückt, als er erneut kreidebleich wurde.
»Balthasar!«, rief Malle erschrocken und sprang seinem Freund zu Hilfe.
Ralle packte auch sofort mit an und selbst Mallewutz kam aufgeregt aus seinem Zimmer gestürzt. – »Was ist passiert?«, rief er und half seinen Freunden, den kleinen Balthasar auf sein Bett zu legen. »Sie wollen, sie wollen …«, stammelte der und konnte sich überhaupt nicht beruhigen. »Sie wollen was?«, wollte Malle wissen. »Nun red‘ schon.« Der kleine Balthasar war nicht nur bleich, er zitterte auch am ganzen Leib. »Nun sag uns schon, was los ist«, forderte nun auch Ralle den Freund auf, endlich zu erzählen. Balthasar atmete tief durch und rang um Fassung. Ihm wurde sichtlich schwindelig. Dann sagte er voller Entsetzen: »Sie wollen Apfelsalat aus ihm machen!«
Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«