Frühstück ohne Milch
»Und wieder ist ein Tag vorüber. Seid Ihr schon bereit, für das nächste kleine Abenteuer?«
Dann wisst Ihr ja schon, dass wir nicht viel Zeit verlieren sollten. Also, gut zudecken, Augen zu und Ohren auf, denn jetzt …
… wird erst einmal mit den Burschen zu Ende gefrühstückt. Oder vielleicht auch nicht. Schauen wir einmal.
Nachdem Amira, Pepe und Don Carlos nicht mehr am Himmel zu sehen waren, setzten sich unsere Burschen wieder an den großen Tisch auf der Veranda. Öseblöm saß wieder neben Balthasar, der sich versteckt ein paar Tränen mit seinem Ärmel wegwischte.
»Kein Grund traurig zu sein«, tröstete ihn unser Öseblöm. »Auf diese Freunde kannst Du Dich wirklich verlassen. Und ich bin sicher, dass Du sie bald wiedersehen wirst.«
»Wo ist eigentlich die Milch?«, fragte Kalle.
»Welche Milch?«, antwortete Öseblöm mit einer Gegenfrage.
»Na, unsere Milch halt«, erklärte Malle, der nun aufsprang, um im Haus danach zu suchen.
»Bleib sitzen«, rief Balthasar. »Wir haben heute keine Milch bekommen.«
»Aber es ist doch Wochenende, da bekommen wir immer unsere Milch vom Bauern«, murrte Dralle.
»Ja, aber wir haben länger geschlafen, als sonst«, wandte Mallewutz nun ein. »Vielleicht war Pimpi schon da und hat die Milch vor dem Haus abgestellt? Oder sie schon in die Speisekammer gebracht?«
»Wer ist denn Pimpi?«, wollte nun unser Öseblöm wissen.
Aber Kalle, Malle, Dralle und Mallewutz waren schon aufgesprungen, um nach der Milch zu suchen. Nur der kleine Balthasar blieb bei seinem Freund und erklärte ihm: »Eigentlich heißt sie Pimpinelle und ist die Tochter vom Bauern Rums. Der hat seinen Hof nicht weit von hier. Pimpi bringt uns an jedem Wochenende frische Milch. Nur heute scheint sie nicht gekommen zu sein.«
»Wollen wir den anderen dann nicht suchen helfen?«, fragte Öseblöm.
»Nein, das lohnt nicht«, antwortete Balthasar. »Ich hatte heute Morgen schon alles abgesucht. Da ist keine Milch.«
»Aber dann sollten wir ihnen sagen, dass keine Milch da ist«, schlug Öseblöm vor.
»Nee, bloß nicht«, entgegnete Balthasar. »Ich bin der Kleinste hier, deshalb hören die eh nicht auf mich. Außerdem tut ihnen ein bisschen Bewegung ganz gut.«
Mit einem breiten Grinsen machte sich Balthasar ein leckeres Brot und reichte unserem Öseblöm noch etwas Tee. Es dauerte eine Weile, bis die anderen Burschen zur Veranda zurückkehrten.
»Jetzt haben wir wirklich alles abgesucht«, rief Dralle völlig außer Atem. – »Ich auch«, stöhnte Malle. »Ich bin sogar dreimal ums Haus gelaufen!«, beschwerte sich Kalle. – »Und ich erst«, rief Mallewutz. »Ich habe alle Zimmer von oben bis unten durchsucht.«
Balthasar grinste nur und sagte nichts. Öseblöm schaute lächelnd in die Runde und fragte: »Aber das wird uns doch jetzt nicht am Frühstück hindern, oder?«
»Nein – doch – nee – doch schon«, irgendwie waren sich die Burschen nicht einig.
»Vielleicht sollten wir nachher einmal beim Bauern Rums vorbeischauen, was da los ist«, schlug Mallewutz vor.
»Bevor wir Dix und Dax gefangen haben oder nachdem wir sie gefangen haben?«, wandte Kalle ein.
Das war eine gute Frage. Darüber ließ sich natürlich wieder trefflich diskutieren. Und so fiel zumindest keinem der Burschen auf, dass sich ein kleines, rothaariges Mädchen zögernd der Veranda näherte. Öseblöm hatte die Kleine schon gesehen, sagte aber nichts.
Plötzlich sprang Kalle auf. »Da ist sie ja endlich«, rief er laut, als er das Mädchen bemerkte. »Pimpi komm herauf zu uns!«
Die Kleine zögerte und blieb schließlich stehen. Offensichtlich fürchtete sie sich vor dem Fremden. Unser Öseblöm hatte dies sofort bemerkt. Daher stand er auf, sprang von der Veranda herunter und ging mit einem kleinen Schritt auf das Mädchen zu. Dann verbeugte er sich wieder wie ein Edelmann, und begrüßte die Kleine mit einer weit ausladenden Geste.
»Einen wunderschönen Guten Morgen, werte Schönheit«, sagte er und lächelte sein liebevollstes Lächeln. »Darf ich mich kurz vorstellen? Mein Name ist Vinidi Öseblöm, von Öseblömhausen, Öseblöm. Ich bin ein Wanderer, der die große Freude hat bei diesen wunderbaren Burschen verweilen zu dürfen.«
»Das ist unser Freund«, rief Balthasar stolz. »Er hat mir das Leben gerettet!«
»Und Du musst Pimpinelle sein, die Tochter vom Bauern Rums, nicht wahr?«, fragte Öseblöm das Mädchen, dessen Gesicht nun ein feines Lächeln zierte.
»Pimpi, wo ist unsere Milch?«, fragte nun Malle, der mittlerweile neben der Kleinen stand. Pimpinelle war in etwa so groß wie unser Balthasar, aber ihre Stimme war natürlich deutlich höher.
»Es gibt heute keine Milch«, sagte sie. »Und so wie es ausschaut, gibt es überhaupt keine Milch mehr.« Die Burschen schauten verblüfft und unser Öseblöm spitzte seine Ohren. – »Ist Eure Kuh vielleicht gestorben?«, fragte Malle. – »Nein, das nicht«, antwortete Pimpi. »Aber unsere Kuh will einfach keine Milch mehr geben.« – »Vielleicht sollten wir einmal mit Eurer Kuh ein ernstes Wort reden?«, schlug Balthasar vor. Dabei dachte er aber mehr an seinen Freund Öseblöm.
Und Ihr liebe Kinder, dürft jetzt auch an Öseblöm denken, aber nicht zu laut bitte, denn für Euch heißt es jetzt wieder …
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«