… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Das Lichtvolk

»Ich hoffe, Ihr hattet wieder einen schönen Tag und seid bereit …«

… für die nächste Gutenachtgeschichte. Dann legt Euch wieder ins Bett und deckt Euch gut zu. Danach bitte die Augen schließen und die Ohren natürlich spitzen. Noch einen Moment – und schon sind wir in der großen Höhle unter dem hohen Berg bei unseren Freunden Kalle und Handan …

Überall glitzerte und blitzte es, mal hell, dann heller, und bald darauf etwas dunkler. Wie in einer großen Tropfsteinhöhle wuchsen vom Boden her kleine säulenartige Tropfsteine nach oben. Der Wasserfall strömte unentwegt und füllte einen immer größer werdenden See.

»Und wie kommen wir jetzt hier heraus?«, fragte Handan, der nicht noch einmal auf allen Vieren kriechen wollte.

»Ihr müsst warten«, erklärte die Lichtschlange, die noch immer wellenartig in der Luft tanzte.

Das Gewölbe war von einem unglaublichen Zauber erfüllt. Auch das Wasser wirkte nicht bedrohlich.

»Wir haben noch niemals von den Freunden des Lichts gehört«, begann Kalle. »Ihr seid auch wirklich wunderschön, aber … verzeiht die Frage: WAS seid Ihr? Ich zum Beispiel bin ein Mensch. Mein Freund hier ist …,« Kalle schaute zu Handan empor, »vermutlich auch ein Mensch. Zumindest hat er ja mal so angefangen. Aber was seid Ihr? Und woher kennt Ihr Öseblöm?«

Die Lichtschlange schien sich umzuschauen, dann schwebte sie langsam zur Decke und verschwand in dem unförmigen Leuchtgebilde aus Millionen von kleinen Lichtpunkten.

»Jetzt hast Du sie verschreckt«, sagte Handan.

»Glaubst Du wirklich, dass wir denen Angst machen können?«, fragte Kalle.

»Nein, nicht wirklich«, antwortete der Riese. »Das mit dem Menschen fand ich gut, dass ich zumindest mal so angefangen habe.« Handan grinste breit und frotzelte seinen Freund: »Da musst Du dann wohl noch ein bisschen dran arbeiten, wie?«

Kalle lachte. »Ja, das stimmt. Vielleicht sollte ich mehr …«

»… Wir kennen Öseblöm«, ertönte eine Stimme im Rücken unserer Freunde.

Kalle und Handan fuhren auf der Stelle herum. Nicht unweit vor ihnen stand … ein Junge, nicht größer als Kalle und er wirkte auch nicht älter. Aber sein Antlitz war von überwältigender Schönheit. Er bestand nicht aus Fleisch und Blut, wie wir es vielleicht gewohnt sind. Dieser Junge war einfach nur aus Licht.

Kalle und der Riese waren sprachlos. Eigentlich hätten sie geblendet sein sollen, aber der Junge konnte wohl bestimmen, wie hell oder dunkel er strahlen wollte. Sein Lächeln ging unseren Helden sofort tief ins Herz.

»Seid Willkommen in der großen Höhle unter dem hohen Berg. Die Freunde unserer Freunde sind auch unsere Freunde. Wir werden Euch helfen.«

»War Öseblöm schon einmal hier?«, fragte Kalle, dem seltsam warm ums Herz wurde.

»Ja«, antwortete der Junge aus Licht. »Vor langer Zeit, obwohl Zeit für uns keine Rolle spielt. Öseblöm war auf der Suche … Hat er Euch nicht darüber erzählt?«

»Äh, nein, hat er nicht«, antwortete der Riese von Wurzelbruck.

»Wir kennen Öseblöm als einen freundlichen Wanderer, vielleicht etwas geheimnisvoll …«, warf Kalle ein.

»Vor uns hat niemand ein Geheimnis«, lächelte der Lichtjunge. »Mein Name ist Kasran …, ich gehöre zum Lichtvolk. Wir haben uns diese Höhle schon vor uralten Zeiten gebaut, denn nur hier kann man uns sehen. In der Welt da draußen, bei Tageslicht, sind wir unsichtbar für Mensch und Tier. Deshalb zogen wir vor sehr langer Zeit hier in diese Dunkelheit.«

Der Riese nickte immer nur und staunte. Kalle hingegen dachte nach. Natürlich staunte er auch, aber unser junger Bursche wurde langsam zum Helden. Und deshalb ließ er sich nicht so leicht aus der Fassung bringen.

»Könnt Ihr uns wirklich helfen, den Zwerg zu finden?«, fragte er.

»Dalin«, sagte der Lichtjunge. »Der Zwerg, den Ihr sucht, heißt Dalin.«

»Könnt ihr?«, Kalle blieb beharrlich.

»Ja, wir können«, antwortete Kasran.

»Und werdet Ihr auch helfen?«, fragte nun der Riese, der langsam seine Fassung zurück erhielt.

»Das sagten wir doch bereits«, antwortete der Junge aus Licht, dabei wurde sein Leuchten eine Spur intensiver. »Aber was haben wir noch gesagt?«

»Wir sollen warten«, antwortete Kalle, der allmählich ungeduldig wurde. Er spürte wieder, dass es dem Zwerg nicht gut ging und dass sie sich beeilen sollten.

»Folgt mir«, sagte Kasran und schritt den schmalen Weg wieder hinab, zielstrebig auf den See zu, der mittlerweile den Boden des gesamten Gewölbes bedeckte. »Gleich wird das Wasser wieder gehen. So war es schon immer. Wasser kommt und Wasser geht«, erklärte das Lichtwesen. »Ich werde Euch den Weg zeigen und Euch leuchten, dann seid Ihr schneller.« Dann stoppte der Wasserfall. Wie aus dem Nichts endete der Wasserfluss und der See zog sich in einen unbekannten Teil der Höhle zurück. Kasran aber ging weiter voran, bis sie das andere Ende dieses Gewölbes erreichten. Dort berührte er mit seiner Hand die Wand. Die gab, wie auf einen geheimen Befehl, den Weg frei.

Für Euch ist nun auch der Weg frei, der Weg zum Traumland. Darum heißt es wieder:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«