… die unglaublichen Abenteuer des Herrn Öseblöm –
und seiner Freunde …

Das Glühwürmchen

»Ich hoffe sehr, Ihr seid soweit?!«

Die nächste Geschichte steht bereit. Darum solltet Ihr jetzt ganz schnell wieder in Euer Bett krabbeln, denn Ihr wollt doch sicher wissen, wie es weiterging …? Also schließt bitte wieder Eure Augen und macht Eure Ohren ganz weit auf. Nur so könnt Ihr miterleben, wie unser Öseblöm an seinem langen Seil in der Dunkelheit hing …

»Aber als Du auf seiner Höhe warst …, oder sollte man Tiefe sagen?«, fragte Mallewutz. »Konntest Du den Kleinen da nicht einfach greifen?«

»Das hätte ich sicher gekonnt, wenn die Bauern mich oben nicht weiter in die Tiefe gelassen hätten!«, antwortete Öseblöm. »Noch bevor ich STOP nach oben rufen konnte, war ich an dem kleinen Filius schon vorbei … und es ging noch weiter in die Dunkelheit hinab.«

»Dein Seil musste aber ziemlich lang gewesen sein«, bemerkte Kalle. »Bist Du je ganz unten angekommen?«

Unser Öseblöm schüttelte nur den Kopf. Alle auf der Veranda fanden die Geschichte sehr aufregend und spannend, bis auf Kreszenz. Der Sohn des Bürgermeisters saß auf der Bank zwischen Mallewutz und Balthasar und konnte sein Grinsen nicht mehr unterdrücken.

»Was grinst Du da?«, fragte Malle. »So lustig finde ich das nicht, wenn man an einem Seil tief unten in der Dunkelheit hängt.«

Jetzt prustete Kreszenz erst recht los. »Verzeiht,« lachte er, »aber vermutlich hat Öseblöm unten in der Tiefe den Frischkönig geküsst und danach war alles wieder in Ordnung …«

Nun musste auch Öseblöm lachen, der Kalles Versprecher vorhin bewusst überhört hatte.

»Frischkönig?«, fragte Malle. »Was für ein Frischkönig?«

»Na, das Märchen, an das unser Kalle nicht mehr glauben mag!«, lachte Kreszenz noch lauter.

Kalle wurde leicht rot im Gesicht.

»Ich meinte doch Froschkönig …«, murrte er.

»Hättest Du Fruschkönig gesagt, wäre es kaum jemandem aufgefallen«, grinste Dalin, der seine Augen aber immer noch halb geschlossen hielt.

»Genau«, lachte Balthasar. »Fruschkönig klingt fast so wie Froschkönig. Fraschkönig fällt schon eher auf und Frischkönig klingt ein bisschen wie unser Fischhändler im Dorf …«

Die Heiterkeit auf der Veranda tat den Burschen gut. So konnten sie leichter das lange Warten auf Mama Rums ertragen. Am schlimmsten jedoch war die Ungewissheit, ob sie überhaupt jemals zurückkehren würde.

»Entschuldige, Öseblöm«, sagte Kreszenz. »Ich wollte dich nicht unterbrechen. Natürlich finde ich es spannend, was Du uns erzählst. Also, wie ging es weiter?«

Es wurde wieder still auf der Veranda. Im flackernden Kerzenlicht erzählte Öseblöm, wie er immer tiefer in die Dunkelheit hinabglitt, bis es schließlich einen Ruck gab.

»Das Seil ist zu Ende!«, rief einer der Bauern in den Brunnen hinab. »Hast Du unseren Filius gefunden?«

Natürlich hatte ich ihn gefunden. Aber der Kleine war viele Meter über mir. »Zieht mich langsam nach oben!«, rief ich rauf. Und als ich auf der Höhe des Kleinen ankam, rief ich »STOP!!!«.

Die Bauern hielten das Seil ganz fest und ich tastete mich voran. »Mama …, Filius …, Mama …«, jammerte der Kleine unentwegt. Ich hoffte nur, dass er sich nicht bewegte.«

»Jetzt hättest Du eine Fackel gut gebrauchen können, oder?«, dachte Kalle laut nach.

»Ja, schon«, stimmte Öseblöm zu. »Aber es kam noch viel besser!«

Der Wanderer zögerte für einen Moment und steigerte mit seinem Schweigen gekonnt die Spannung. Die Burschen saßen mit offenen Mündern auf den Bänken und selbst Dalin öffnete jetzt seine Augen.

»Was ist passiert?«, fragte Balthasar und unterbrach die knisternde Spannung.

»Mitten in dieser alles verschlingenden Dunkelheit tauchte plötzlich ein kleines Licht auf«, fuhr Öseblöm fort. »Nicht viel mehr als ein kleiner Lichtpunkt. Er schwebte vor meinen Augen und strahlte in seine Umgebung. Flog mal nach links, dann wieder nach rechts und auf einmal um meinen Kopf herum. Dann flog er zum kleinen Filius. So konnte ich das tränenüberströmte Gesicht des Jungen sehen.«

»Das war bestimmt ein Glühwürmchen«, überlegte Kreszenz.

»So eins, wie das hier …«, fragte Balthasar und deutete in die Ecke der Veranda, wo der Schaukelstuhl stand, auf dem Dalin es sich gemütlich gemacht hatte.

»Genau DAS Glühwürmchen war es!«, stellte Öseblöm fest und lächelte erleichtert.

»Das war das Glühwürmchen aus dem Brunnen?«, fragte Kalle, der sich voller Staunen umschaute.

Während die Burschen ihren Blick in Richtung Schaukelstuhl lenkten, schwebte das Glühwürmchen zielstrebig auf unseren Wanderer zu, blieb für einen Augenblick direkt vor seiner Nase und flog dann zu seinem rechten Ohr. Als Kalle den Lichtpunkt erkannte, liefen ihm wohlige Schauer über den Rücken. »Kasran …«, flüsterte er. Unser Wanderer hingegen bekam leuchtende Augen, als er dem Summen des Lichtpunktes lauschte.

Für Euch, liebe Kinder, ist es jetzt aber an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es nun:

»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«