Stiefelsalat
»Ich hoffe, Ihr hattet einen schönen Tag?!«
Dann wird es wieder Zeit für uns, die letzten Stunden dieses Tages mit einer Gutenachtgeschichte ausklingen zu lassen. Macht es Euch also richtig gemütlich in Eurem Bett, dann schließt Eure Augen und hört gut zu. Unsere Freunde warten schon mit fantastischen Neuigkeiten auf uns. Jedenfalls könnte man das glauben, wenn man sieht, wie Balthasar gerade die Stufen zur Veranda empor stürmt …
»Entfesselt!!!«, brüllte er wieder und rang sichtlich nach Luft. Ob vor lauter Aufregung, oder weil er ohne Halt zu machen von der Schule direkt nach Haus gerannt kam, ließ sich später nicht mehr so genau klären.
»Nun halt mal die Luft an«, rief Malle. »Was um alles in der Welt macht ihr hier?«
»Das ist eine gute Frage«, fügte Ralle hinzu. »Warum seid ihr nicht in der Schule? Sind die Lehrer alle krank? Oder ist die Schule abgebrannt?«
Mallewutz, der seinem Freund dicht auf den Fersen folgte, sprang gerade die Stufen herauf, als Balthasar sich schwer atmend in den Schaukelstuhl fallen ließ.
»Was ist passiert?«, fragte Malle erneut. Diesmal wandte er sich an Mallewutz.
Der junge Bursche zuckte nur ratlos mit den Schultern.
»Ich weiß es auch nicht«, erklärte er schließlich. »Balthasar ist mitten im Unterricht aufgesprungen und hat plötzlich „entfesselt“ gebrüllt. Mehr weiß ich auch nicht. Ich konnte ihn doch nicht allein lassen. Schließlich wusste auch niemand, wohin er rannte.«
»Und was hat euer Lehrer dazu gesagt?«, wollte Malle wissen.
»Noch gar nichts«, gestand Mallewutz. »Er hat mir nur kurz zugenickt, als ich Balthasar folgte.«
Mittlerweile kümmerte sich Ralle um den jüngsten der fünf Burschen.
»Hier, trink einen Schluck und beruhige Dich erst einmal.«
Ralle reichte dem Kleinen eine Tasse heißen Tee. »Und jetzt erzähl uns bitte, was passiert ist.«
Balthasar war immer noch ganz blass im Gesicht. Irgendetwas hatte ihn tief erschüttert, aber es fiel ihm noch immer schwer, es in Worte zu fassen.
»Ich habe gefühlt«, begann er und atmete noch einmal tief durch. »Einen großen Sturm. Sie haben einen großen Sturm entfesselt.«
»Wen meinst Du mit SIE?«, wollte Ralle wissen. Eigentlich war es ja Amira, die dies wissen wollte, aber das machte in diesem Augenblick keinen Unterschied.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Balthasar sichtlich betrübt. »Aber es hat mit Handan zu tun.«
»Ich dachte, Du hättest keinen Kontakt mehr zu ihm?«, stellte Malle kurz fest.
»Ja, heute Morgen jedenfalls«, antwortete Balthasar. »Aber in der Schule ging es plötzlich los. Mir wurde ganz schlecht und schwindelig. Alles begann sich zu drehen und wirbelte durch die Luft.«
»In der Klasse wehte kein einziges Lüftchen«, widersprach Mallewutz. »Die Fenster waren geschlossen und alle saßen auf ihren Plätzen.«
»Schon gut, schon gut«, beschwichtigte Malle die beiden. »Wir werden es schon noch herausfinden, was da passiert ist.«
In diesem Augenblick kamen Kreszenz und Pimpinelle aufgeregt um die Ecke gebraust.
»Was ist passiert?«, rief Kreszenz. »Ist hier alles in Ordnung?«
»Wir sind so schnell gekommen, wie es ging!«, rief Pimpi ihnen noch von der Ferne entgegen.
»Ja habt ihr denn alle keine Schule?«, murrte Ralle vor sich hin. Im Grunde war er aber froh, dass sie so viele gute Freunde hatten.
»Ich habe unserem Lehrer erklärt, dass ich meinen Freunden helfen muss. Es könnte ja auch etwas ganz Schlimmes passiert sein. Da kann man nicht einfach warten.«
»Und das hat euer Lehrer einfach so erlaubt?«, staunte Malle.
»Na ja«, grinste Kreszenz. »Ich glaube, sie fürchten, dass Öseblöm oder Handan oder sogar beide noch einmal ein ernstes Wort mit ihnen reden könnten …«
Malle und Ralle schmunzelten bei dem Gedanken.
»Na, dann werden wir jetzt zusammen frühstücken und schauen, was wir von hier aus für unseren Öseblöm tun können«, sagte Malle.
Er machte eine kreisende Handbewegung um sein Ohr und deutete damit Ralle, ob der nicht bei seiner Amira »nachfragen« könnte, was im Kuckucksdorf gerade los sei.
Ralle nickte nur und horchte in sich hinein. Zu diesem Zeitpunkt überflogen Amira und Öseblöm gerade die Gipfel des hohen Berges.
»Stiefelsalat …«, stöhnte Balthasar laut auf.
»Hä?«, stießen Malle, Ralle, Pimpinelle und Kreszenz gleichzeitig, wie aus einem Mund, hervor.
»Stiefelsalat«, wiederholte Balthasar. Die fragenden Blicke seiner Freunde schien er überhaupt nicht zu bemerken. »Unser Freund spricht in Rätseln«, bemerkte Kreszenz sichtlich in Sorge. Plötzlich lachte Balthasar. »Stiefelsalat!«, rief er. »Die Stiefel machen Salat aus ihnen.« – »Ich glaube, Du musst noch viel üben«, stellte Ralle trocken fest.
Für Euch, liebe Kinder, ist es nun an der Zeit, ins Traumland zu reisen … Darum heißt es wieder:
»Gute Nacht und träumt recht schön, schon morgen wird es weiter gehen.«